Im Laufe des März wurden die EU-Außengrenzen und alle Grenzen zu Deutschland geschlossen. Nur für sehr wenige Personengruppen galten Ausnahmeregeln. Viele für den Luftverkehr mit Deutschland wichtige Länder, wie USA, Kanada, Brasilien, Südafrika, China, Japan und Thailand, haben im März ihrerseits die Grenzen geschlossen. Mitte Juni wurden die Grenzen innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums wieder geöffnet, wodurch Reisen innerhalb Europas wieder möglich wurden.
Nach wie vor gelten Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes für alle Länder außerhalb des EWR-Raums und Großbritannien und tlw. auch wieder für Regionen innerhalb der EU. Der Verkehr mit den Ländern, die aktuell unbeschränkt erreichbar sind, entspricht 31 Prozent der gesamten Nachfrage von 2019. D.h. 69 Prozent der Nachfrage von 2019 fallen unter restriktive Beschränkungen.
Mit der Infektionsentwicklung in Asien ging bereits im Februar der weltweite Luftverkehr zurück. Diese Entwicklung setzte sich im März rasant mit den Fluggesellschaften in Europa, Nahost und Nordamerika fort.
Im April und im Mai kam der weltweite Passagierluftverkehr dann nahezu zum Erliegen – nicht nur in den genannten Regionen sondern weltweit. Im Wesentlichen gab es dann nur noch Rückholungsflüge und Inlandsverkehre sowie einige wenige internationale Verbindungen. Im Juni setzte eine zaghafte Erholung ein, die auf die schrittweise Aufhebung von Reisebeschränkungen zurückgeht.
Diese Erholung war aber in Europa am schwächsten ausgeprägt.Bezogen auf das erste Halbjahr hat der weltweite Luftverkehr mit -58 Prozent über die Hälfte der Nachfrage verloren. Diese Entwicklung war in Europa mit -62 Prozent am stärksten (Asien: -59 Prozent, Nordamerika: -57 Prozent).
Der Trend verlief in Deutschland entsprechend der weltweiten Entwicklung. Im März ist innerhalb von wenigen Wochen der Verkehr nahezu komplett eingebrochen. Die deutschen Fluggesellschaften haben in den Monaten April und Mai ein extrem reduziertes Rumpfangebot im Markt vorgehalten. Zum Teil haben Anbieter aber auch den Flugbetrieb komplett ausgesetzt, wie etwa TUIfly und die Lufthansatochter Austrian.
Im Juni zeigten sich nur sehr leichte Erholungstendenzen. Auch die Auslastung der Flugzeuge ist bedingt durch die Corona-Krise von 82 Prozent im ersten Halbjahr 2019 auf 74 Prozent im ersten Halbjahr 2020 gesunken. In den Krisenmonaten April, Mai und Juni betrug die durchschnittliche Auslastung der Flüge 56 Prozent.
Auch die Auslastung der Flugzeuge ist bedingt durch die Corona-Krise von 82 Prozent im ersten Halbjahr 2019 auf 74 Prozent im ersten Halbjahr 2020 gesunken. In den Krisenmonaten April, Mai und Juni betrug die durchschnittliche Auslastung der Flüge 56 Prozent.
Die Passagierzahlen an den Flughäfen sind 2019 um 4,9 Prozent gewachsen und dieser Trend hielt im Januar 2020 noch an. Ab Februar machte sich dann die Pandemie bei der Entwicklung der Passagierzahlen bemerkbar.
In Asien begann der Einbruch der Passagierzahlen bereits im Februar (-38 Prozent), was auf die weltweite Durchschnittszahl mit -11 Prozent durchschlug. In den Monaten April und Mai zeigten sich dann überall starke Rückgänge von mehr als -80 Prozent, in vielen Regionen weit über -90 Prozent.
In Asien haben sich die Passagierzahlen etwas früher erholt. Neben der zeitlich früheren Eindämmung der Pandemie in Asien ist dafür auch der Faktor verantwortlich, dass insbesondere in den großen Flächenmärkten der Inland-Verkehr nicht so stark eingebrochen ist.
Auf das ganze erste Halbjahr gerechnet gingen die Passagierzahlen weltweit insgesamt um -53 Prozent zurück (Europa -56 Prozent, Asien -55 Prozent, Nordamerika -49 Prozent).
Zeigte der Passagierverkehr an den deutschen Flughäfen 2019 noch ein leichtes Wachstum von 2 Prozent, war die Entwicklung im ersten Halbjahr 2020 durchweg negativ. Insgesamt fehlten in der ersten Jahreshälfte 66 Prozent der Passagiere an den Flughäfen.
Im März brach der Verkehr coronabedingt umfassend ein und kam in den Monaten April und Mai weitgehend zum Erliegen. Die deutschen Flughäfen sind ihrer Betriebspflicht nachgekommen und haben den Betrieb aufrechterhalten, obwohl alle Einnahmen, u.a. auch aus dem Betrieb der Einzelhandelsflächen, weggebrochen sind.
Dabei erfolgte der Einbruch der Passagierzahlen gleichmäßig über alle Verkehrssegmente:
Im Juni setzte mit der Aufhebung von Reisebeschränkungen im Europäischen Wirtschaftsraum eine leichte Erholung ein. Diese verlief aber sehr schleppend.
Mit Einsetzen der Coronakrise stiegen die durchschnittlichen Ticketpreise in allen Verkehrssegmenten leicht an, besonders im innereuropäischen und im innerdeutschen Verkehr. Damit hat sich der Trend steigender Ticketpreise aus dem Vorjahr fortgesetzt.
Im Europaverkehr lagen die Preise rund 9 Prozent über den durchschnittlichen Werten von 2019 und 26 bis 36 Prozent über den Index-Werten von 2015. Auch im innerdeutschen Verkehr zogen die Preise an.
In der Wiederanlaufphase kann nicht ausgeschlossen werden, dass manche Marktteilnehmer mit günstigen Tickets Nachfrage stimulieren, doch der Trend geht weiter zu steigenden Ticketpreisen
Bereits 2019 war die Entwicklung der Luftfrachtnachfrage negativ (-3 Prozent). Durch die Coronakrise ist die Nachfrage nach Luftfracht weiter zurückgegangen. Diese Entwicklung erreichte ihren Tiefpunkt im April 2020. Seit Mai 2020 erholt sich das Geschäft leicht, diese Erholung setzte sich im Juni fort.
Die Treiber für den Rückgang waren der starke Rückgang des Welthandels, der Zusammenbruch globaler Lieferketten und steigende Marktanteile von Bahn und Schiff. Dem Trend entgegen wirkte der steigende Bedarf für den Transport von Medizin- und Schutzgütern.
Eine operative Herausforderung für die Fluggesellschaften war der Wegfall der Frachtkapazitäten in den Passagierflugzeugen (im Mai sank die Beiladekapazität um -77 Prozent gegenüber dem Vorjahr).
Insgesamt gingen die Frachtmengen in der ersten Jahreshälfte um -15 Prozent zurück (Europa: -20 Prozent, Asien: -17 Prozent, Nordamerika: -5 Prozent aufgrund des starken Inlandsverkehrs).
An den deutschen Flughäfen setzte sich zunächst die negative Entwicklung des Vorjahres in den ersten zwei Monaten des Jahres 2020 fort. Ab März erfolgte coronabedingt ein deutlich stärkerer Rückgang der Luftfracht, der im April dann seinen Tiefpunkt erreichte. Seit Mai verläuft der Rückgang des Luftfrachtverkehrs weniger stark.
Insgesamt ist der Luftfrachtverkehr an den deutschen Flughäfen in der ersten Jahreshälfte um -10 Prozent zurück-gegangen. Damit ist der Einbruch nicht so stark wie im Rest der Welt (insgesamt -15 Prozent) und auch weniger stark als im Passagierverkehr (-66 Prozent).
Die Warenstruktur hat sich in der Krise zeitweise deutlich verschoben, und der Transport von medizinischen Gütern und Schutzkleidung hat an Bedeutung gewonnen. Dabei hat der Transport von medizinischen Gütern – auch über geschlossene Landgrenzen hinweg –deutlich die Systemrelevanz des Luftfrachtverkehrs unterstrichen.
Die Entwicklung an den einzelnen Frachtstandorten in Europa verlief im ersten Halbjahr höchst unterschiedlich.
Flughäfen mit Frachtexpressverkehr oder starkem Fokus auf Verkehr mit Frachtflugzeugen sind kaum geschwächt (Köln/Bonn: -2,1 Prozent) oder gehen sogar gestärkt aus der Krise hervor (Leipzig +4,3 Prozent, Hahn +27 Prozent).
Die Flughäfen, an denen die Luftfracht als Beiladefracht transportiert wird, zeigen hingegen einen ähnlichen Einbruch wie im Passagierverkehr (München: -47 Prozent).
Hier standen die notwendigen Kapazitäten ganz einfach nicht zur Verfügung. Wichtige europäische Konkurrenten wie Amsterdam (-15 Prozent) und Paris (-22 Prozent) sind stärker eingebrochen als die Luftfracht in Deutschland (durchschnittlich -10 Prozent). Luxemburg hingegen konnte den Luftfrachtverkehr sogar ausweiten.
Die von der DFS Deutschen Flugsicherung kontrollierten Bewegungen in und über Deutschland sanken von 1.610.716 im ersten Halbjahr 2019 auf 757.945 im ersten Halbjahr 2020 um -53 Prozent.
Dies folgt der allgemeinen coronabedingten Entwicklung an den Flughäfen und bei den Fluggesellschaften und betrifft sowohl die An- und Abflüge in Deutschland wie auch die Überflüge. Im innerdeutschen Verkehr war der Rückgang etwas schwächer als bei den internationalen Flügen und bei den Überflügen. Im innerdeutschen Verkehr war der Rückgang etwas schwächer als bei den internationalen Flügen und bei den Überflügen.
Keine Fluggesellschaft kann sich auf eine Krise dieses Ausmaßes vorbereiten. Der Luftverkehrsmarkt ist zusammengebrochen, viele Kosten fallen weiter an. In dieser aktuellen Situation kann keine große Fluggesellschaft ohne Stabilisierungsmaßnahmen die Existenz aufrechterhalten.
Die Hilfen für Fluggesellschaften bestehen weitgehend aus Krediten, in einzelnen Fällen auch aus Beteiligungen. Diese sind in den meisten Fällen mit Zinserträgen und Dividenden zu Gunsten der öffentlichen Hand verbunden.
Die Konditionen variieren stark: Während die Lufthansa Group 4 bis 9 Prozent für den Stabilisierungskredit zahlt, erhalten US-Carrier diese zu marktübliche Raten. Das Ausfallrisiko ist für den Staat gering und kommt nur bei einer finalen Insolvenz zum Tragen.
Fluggesellschaften in Asien und der Golfregion: Häufig mit Staatsbeteiligung oder in Staatsbesitz. Struktur und Höhe von Staatshilfen werden nicht veröffentlicht.
Die deutschen Flughäfen haben während der gesamten Krise die Betriebsfähigkeit aufrecht erhalten.In den Krisenmonaten fehlten bis zu 95 Prozent der Einnahmen. Dies betrifft die Einnahmen aus Gebühren und Entgelten, aber ebenso die wichtigen Einnahmen aus dem Non-Aviation Segment (Einzelhandelsumsätze, Mieten, Provisionen, Parkgebühren etc.)
Flughäfen sind ausgesprochen fixkostenlastig: Kosten bestehen im wesentlichen aus schwer abbaubaren Gehalts- und Infrastrukturkosten. Es gibt kaum variable Kosten, die mit rückläufigem Verkehr ebenfalls sinken.
Der Non-Aviation-Bereich hat für die Finanzierung der Flughäfen eine große Bedeutung: 60 Prozent der europäischen Passagiere kaufen regelmäßig am Flughafen ein. 2018 wurde die jährliche Wachstumsrate des weltweiten Umsatzes im Flughafen-Einzelhandel bis 2020 auf 7,9 Prozent geschätzt.
Im Juni wurden die Reisebeschränkungen innerhalb Europas aufgehoben. In der Folge konnten die europäischen Fluggesellschaften zahlreiche Flugverbindungen wieder aufnehmen. Besonders stark erfolgte die Wiederaufnahme der Inlandsverkehre und der Europaverkehre. Die Interkontinentalverkehre wurden deutlich unterproportional wieder aufgenommen, was auf weiter geltende Reisebeschränkungen im Verkehr mit Drittstaaten zurückzuführen ist.
Überproportional stark wurden Verkehre in jenen Ländern wieder aufgenommen, die viel Urlaubsverkehr haben (Spanien, Griechenland) und die viel Inlandsverkehr haben (Frankreich). Die Entwicklung in Deutschland verlief im Sommer deutlich unterproportional. Insbesondere der Inlandsverkehr ist in den anderen Flächenstaaten deutlich stärker zurückgekehrt als in Deutschland. Die schwache Entwicklung in Großbritannien und Schweden ist dem Infektionsgeschehen geschuldet.
Der größte Teil des Anstiegs im Europäischen Wirtschaftsraum fand im Juli statt, doch auch im August nehmen die Fluggesellschaften noch weiter in geringerem Umfang Flugverbindungen wieder auf.
Großbritannien hatte aufgrund der Quarantäne-Regeln im Juli zunächst eine geringe Wiederaufnahmerate, zeigt aber im August deutlich mehr Dynamik. Auch Schweden zieht im August zeitverzögert deutlich an.
Das Luftverkehrsangebot in Deutschland hingegen hat nicht nur insgesamt eine geringere Wiederaufnahmerate als in den anderen Ländern, sondern geht Ende August sogar leicht wieder zurück.
Die Passagier-Nachfrage ist im Juli 2020 an deutschen, aber auch an den europäischen Flughäfen nicht entsprechend des Flugangebotes zurückgekehrt. Die Flughäfen verzeichnen auch im Ferienmonat Juli Rückgänge von 74 Prozent bis 89 Prozent gegenüber dem Monat Juli 2019. Selbst Palma de Mallorca zeigt im Juli einen Rückgang der Nachfrage von 74 Prozent.
Die großen Drehkreuze in Deutschland verzeichnen aufgrund der fehlenden Interkont-Verkehr einen leicht stärkeren Rückgang als die Flughäfen, die stärker im Punkt-zu-Punkt Verkehr positioniert sind.
Der starke Rückgang in London-Heathrow erschließt sich aus den im Juli noch gültigen strengen UK-Quarantäne-Regeln gegenüber den EU-Staaten.
Ausblick der IATA auf das Gesamtjahr 2020: Passagierentwicklung, Ertragslage, Beschäftigung
Im Vergleich der großen europäischen Staaten prognostiziert die IATA für das Gesamtjahr 2020 die größten Einbußen bei Passagieren und Gewinnen in Deutschland und in Großbritannien. Die hohe Betroffenheit des deutschen Marktes erwächst vor allem aus dem hohen Anteil von Geschäftsreisenden. Großbritannien ist aufgrund der hohen Infektionsraten und der Ausrichtung auf das Transatlantikgeschäft besonders stark betroffen. Die enormen Rückgänge bei Passagieren und Ertrag und die verhaltenen Perspektiven für eine schnelle Erholung des Luftverkehrs führen dazu, dass in Europa insgesamt 5,6 Millionen Arbeitsplätze akut bedroht sind (direkt, indirekt, induziert, im Tourismus).
Heruntergebrochen auf Arbeitsplätze in den einzelnen Ländern bedeutet das:
Spanien: 983.000 von 1.700.000
Großbritannien: 732.000 von 1.560.000
Deutschland: 534.000 von 1.100.000
Frankreich: 434.000 von 1.100.000
Italien: 345.000 von 714.000
Es spricht vieles dafür, dass die Erholung des Luftverkehrmarktes nur schrittweise und über einen langen Zeitraum gelingt:
Daher ist ein mögliches Szenario, dass die Passagierzahlen im Luftverkehr mit Deutschland erst 2024 wieder das Niveau von 2019 erreichen. Dieses Szenario geht von folgenden Prämissen aus:
In diesem Szenario werden im Zeitraum 2020 bis 2030 insgesamt 22 Prozent weniger Passagierkilometer produziert.
Die Unternehmen arbeiten weiter intensiv an der Zukunftssicherung für die Unternehmen, Standorte und Beschäftigten. Damit die verkehrliche und die wirtschaftliche Erholung gelingen können, bedarf es Maßnahmen zur politischen Flankierung dieser Erholung: