Klimaschutzreport

1. Die Klimawirkung des Luftverkehrs

Die Nachfrage nach Luftverkehr wächst weltweit – und damit auch seine klimawirksamen Emissionen. Dabei ist der Luftverkehr neben seinem CO2-Ausstoß auch für weitere Emissionen verantwortlich, die durch die Verbrennung von Kerosin in großer Höhe entstehen. Auch diese Emissionen haben Auswirkungen auf das Klima, da sie zur Entstehung von Wolken und weiteren Treibhausgasen beitragen können. Es gibt jedoch verschiedene Lösungsansätze, um diese Effekte zu reduzieren – zum Beispiel durch veränderte Flugrouten oder den Einsatz von nachhaltigen Flugkraftstoffen.

Die Summe der Klimawirkung des Luftverkehrs beträgt laut Weltklimarat IPCC 3 bis 5 Prozent und ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig: Art und Menge der Emissionen, Wetterbedingungen, Tageszeit und Emissionsort, die Verweildauer und die geografische Ausbreitung der Emissionen. Bei der Verbrennung von Kerosin entstehen als klimarelevante Emissionen nicht nur Kohlendioxid und Wasserdampf, sondern auch Stickoxide (NOX), Schwefeldioxid (SO2) und Rußpartikel. Daraus resultierend können hinter dem Flugzeug Kondensstreifen (Zirruswolken) entstehen, wenn das Flugzeug sehr hoch fliegt und es sehr kalt ist. Die genannten Emissionen beeinflussen die atmosphärischen Konzentrationen von Kohlendioxid (CO2), Ozon (O3), Methan (CH4), Wasser (H2O) sowie Aerosolen.

Während die Klimawirkung des Kohlendioxids fundiert wissenschaftlich untersucht ist, gibt es zum Beispiel bei der Abschätzung der Klimawirkung der Kondensstreifen, Zirruswolken und Stickoxide noch weiteren Forschungsbedarf.

Weil CO2 im Vergleich zu den anderen Emissionen besonders langlebig ist, liegt der Fokus bei der Reduzierung der Klimawirkung des Luftverkehrs darauf, insbesondere diese CO2-Emissionen zu reduzieren – ohne jedoch die übrigen zu vernachlässigen.

Anteil des Luftverkehrs an den weltweiten CO2-Emissionen

Momentan hat der internationale Luftverkehr einen Anteil von 3,01 Prozent an den weltweiten CO2 -Emissionen. Um diesen Ausstoß stetig zu senken, investiert die Branche in energieeffizientere Flugzeuge, kompensiert die wachstumsbedingten CO2-Emissionen und treibt die Entwicklung eines CO2-neutralen, regenerativen Kraftstoffs voran.

In der EU hatte der Luftverkehr innerhalb der jeweiligen Mitgliedstaaten im Jahr 2018 einen Anteil von 0,76 Prozent an den gesamten CO2-Emissionen der EU. In Deutschland lag der Anteil innerdeutscher Flüge an den Gesamtemissionen bei rund 0,3 Prozent.

2. Internationale Klimaschutzstrategie für die Luftfahrt

Schon im Jahr 2009 haben sich Flugzeughersteller, Fluggesellschaften, Flugsicherungen und Flughäfen weltweit auf eine Klimaschutzstrategie verständigt: Die Kraftstoffeffizienz soll pro Jahr um 1,5 Prozent gesteigert werden, ab 2020 soll der Luftverkehr CO2-neutral wachsen und bis 2050 sollen gegenüber dem Jahr 2005 die Netto-CO2-Emissionen der Luftfahrt um 50 Prozent sinken.

Bereits heute: Effizienz steigern – CO2-Anstieg verringern

Mit der Senkung des spezifischen Energiebedarfs der Flugzeuge reduziert sich auch der Verbrauch von Kerosin und somit der CO2-Ausstoß pro Passagier. Zu den Maßnahmen gehören technische Innovationen im Flugzeug- und Triebwerksbau, optimal aufeinander abgestimmte betriebliche Prozesse am Boden und in der Luft sowie die Umsetzung des Einheitlichen Europäischen Luftraums (SES).

Das Ziel: CO2-neutral fliegen

Um langfristig CO2-neutral fliegen zu können, bedarf es der Entwicklung neuer Flugzeugkonzepte und -antriebe sowie politischer Unterstützung und Förderung, um nachhaltig erzeugte Flugkraftstoffe verfügbar und marktfähig zu machen.

Auf dem Weg zum Ziel: CO2-Wachstum kompensieren

Da der weltweite Luftverkehr weiter wachsen wird, reicht es nicht aus, den spezifischen Kraftstoffverbrauch zu senken, um den Anstieg der CO2-Emissionen zu stoppen. Daher wurde auf UN-Ebene bei der Luftfahrtorganisation ICAO das internationale CO2-Kompensationssystem CORSIA beschlossen. Damit wird ab 2020 das wachstumsbedingte CO2 internationaler Flüge durch die Finanzierung von Klimaschutzprojekten kompensiert. In Europa ist der Luftverkehr bereits seit 2012 in den Emissionshandel einbezogen und wächst seitdem CO2-neutral.

3. Effizienz steigern mit moderner Technik

Der Luftverkehr wird dank moderner Technik ökologisch immer effizienter. Dafür sorgen verbrauchsärmere Flugzeuge, energieeffizientere Flughafengebäude, aber auch optimierte Verfahren bei der Bodenabfertigung.

Moderne Flugzeuge verbrauchen immer weniger Kerosin. Daher gelingt es der Luftfahrt, die Zunahme des Kerosinverbrauchs und der CO2-Emissionen geringer zu halten als das Verkehrswachstum: Der Luftverkehr ab deutschen Flughäfen hat sich seit 1990 mehr als verdreifacht. Aber der Kerosinbedarf ist im gleichen Zeitraum nur um 123 Prozent gestiegen.

Die Entkopplung von Kerosinbedarf und Verkehrswachstum wurde durch Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz erreicht.

Verbrauch im Passagierverkehr sinkt

Durch die Flottenmodernisierung, also den Austausch von alten Flugzeugen durch neue energieeffizientere Modelle, haben die deutschen Fluggesellschaften die spezifischen CO2-Emissionen seit 1990 um 43 Prozent senken können. Da die Kerosinkosten bis zu 25 Prozent der Betriebskosten ausmachen und eine Tankfüllung für einen Airbus A380 mehr als 100.000 Euro kostet, liegt es im ureigenen Interesse der Fluggesellschaften, in mehr Effizienz zu investieren.

Faktoren für den Verbrauch: Streckenlänge und Auslastung

Der Verbrauch pro Passagier ist beim Fliegen unter anderem abhängig von der Auslastung des Flugzeugs, der Länge der Flugstrecke sowie der Flughöhe. Reine Touristikflüge verbrauchen pro Person im Schnitt etwas weniger Kerosin, weil sie aufgrund langfristiger Planung und Buchung in der Regel eine noch höhere Auslastung aufweisen als Linienflüge.

Auf kurzen Flugstrecken ist der Verbrauch bei Start und Landung verhältnismäßig größer als bei Mittel- oder Langstreckenflügen –auch die niedrigere Flughöhe sorgt auf der Kurzstrecke für mehr Luftwiderstand und somit einen höheren Verbrauch.

Verbrauch der Frachtflotte sinkt

Auch deutsche Frachtflugzeuge fliegen immer effizienter: Auf Passagiere umgerechnet benötigt die Fracht-Flotte der Lufthansa Cargo auf 100 Kilometern nur 1,87 Liter pro 100 Kilogramm Gewicht (das entspricht einem Passagier mit Gepäck). Ein Frachter braucht pro 100 Kilogramm Gewicht weniger Kraftstoff als ein Passagierflugzeug, weil der zur Verfügung stehende Raum effektiver genutzt werden kann.

42 Milliarden Euro für 196 verbrauchsarme Flugzeuge und weniger CO2

Um den Kraftstoffbedarf und damit den CO2-Ausstoß eines Flugzeugs zu senken, gibt es einige Stellschrauben. Die Wichtigsten sind dabei Antriebe, Aerodynamik und Gewicht. Entsprechende technische Innovationen sorgen dafür, dass der Kraftstoffbedarf mit jeder neuen Flugzeuggeneration um bis zu 25 Prozent sinkt. Am wirkungsvollsten sind demnach Investitionen in neue Flugzeuge. Daher haben die deutschen Fluggesellschaften bis 2027 insgesamt 196 verbrauchsärmere Flugzeuge im Wert von 42 Milliarden Euro bestellt. Ökonomie und Ökologie stehen hierbei idealerweise im Einklang, denn die Kraftstoffkosten machen bis zu 25 Prozent der Betriebskosten einer Fluggesellschaft aus.

CO2-Standard der ICAO

Dafür, dass die Effizienz auch in Zukunft weiter steigt, sorgt ein neuer Standard der internationalen Luftfahrtorganisation ICAO, der CO2-Grenzwerte festlegt und somit sicherstellt, dass Flugzeuge einen bestimmten CO2-Ausstoß nicht überschreiten. Er wurde zwischen verschiedenen Regierungen, der Industrie und Beobachtern aus Umweltschutzorganisationen erarbeitet und gilt ab 2020 für neu zu zertifizierende Flugzeugtypen, beziehungsweise für alle bereits zertifizierten Flugzeugtypen ab 2028.

Gebogene Flügelspitzen

Manche Vögel spreizen im Flug ihre Flügelspitzen nach oben, weil das den Luftwiderstand verringert. Ein besonders auffälliges Beispiel dafür ist der Kondor. Nach dem gleichen Prinzip funktionieren die gebogenen Flügelspitzen an den Enden der Tragflächen von Flugzeugen. Sie reduzieren die Luftverwirbelungen und sparen dadurch Kerosin ein: im Durchschnitt bis zu fünf Prozent.

Besonders glatte Flügeloberflächen (Laminarflügel)

Flugzeuge heben vom Boden ab, weil an den Flügeln Auftrieb erzeugt wird. Dieser entsteht durch die umströmende Luft. Dabei soll der Luftstrom möglichst gleichmäßig – also wirbelfrei – sein. Diese gleichmäßige Strömung der Luft wird mit dem Wort laminar beschrieben. Die laminare Luftströmung wird durch Turbulenzen gestört, die zum Beispiel durch Kanten an den Flügeln entstehen können. Dadurch erhöht sich der Luftwiderstand und das Flugzeug verbraucht mehr Kerosin. Neue Flügelformen mit laminaren Eigenschaften sollen die Turbulenzen soweit wie möglich mindern. Dass sich Forschung und Entwicklung hier lohnen, zeigen potentielle Kraftstoffeinsparungen von bis zu 5 Prozent.

Sparsame Triebwerke

Mit dem Trent XWB baut Rolls-Royce eines der effizientesten Großtriebwerke der Welt. Es kommt an dem Airbus A350-900 zum Einsatz, der bereits zur Lufthansa-Flotte zählt. Für hohe Effizienz sorgt unter anderem eine effizientere Bauweise, die das Gewicht des Hochruckverdichters um 15 Prozent reduziert. Besonders das hohe Nebenstromverhältnis von 9,6 zu 1 wirkt sich positiv auf den Kraftstoffverbrauch aus. Das Trent XWB ist 15 Prozent sparsamer als seine Vorgänger.

Flugzeugteile aus dem 3D-Drucker

Die Luftfahrtindustrie nutzt die Vorteile des 3D-Druckverfahrens, um besonders leichte Komponenten herzustellen. Jedes eingesparte Kilogramm Gewicht vermeidet über den gesamten Lebenszyklus eines Flugzeugs hinweg bis zu 25 Tonnen CO2. Flugzeugteile aus dem 3D-Drucker wiegen bis zu 55 Prozent weniger als herkömmliche Komponenten und reduzieren dabei den Rohstoffverbrauch um bis zu 90 Prozent.

Rumpf und Flügel aus Verbundwerkstoffen

Flugzeughersteller setzen immer mehr ultraleichte Verbundwerkstoffe (CFK) bei der Fertigung von Rumpf und Flügeln ein. Weist der Airbus A380 noch einen CFK-Anteil von 22 Prozent auf, sind es bei der Boeing 787 schon 50 Prozent. Der Anteil bei der modernen A350 liegt mit 53 Prozent nochmal darüber. Einen ähnlichen Wert wird Boeings neue 777X erreichen. Verbundstoffe sind im Vergleich zu Aluminium um 20 Prozent leichter und tragen dazu bei, dass Flugzeuge immer weniger Kerosin verbrauchen und somit auch weniger CO2 ausstoßen.

CO2-Bilanz der deutschen Flughäfen

Flughäfen und Fluggesellschaften erstellen regelmäßig Bilanzen für alle CO2-Emissionen, die durch den Betrieb entstehen.

Diese berücksichtigen zum Beispiel die Emissionen der Flugzeuge beim Starten, Landen, beim Bodenaufenthalt und bei der Abfertigung sowie das CO2, das durch die Energieversorgung der Flughafengebäude freigesetzt wird. Dabei teilen die Vorgaben des Greenhouse Gas Protocols die CO2-Bilanzen in drei Kategorien (Scopes) ein.

Nachhaltige Technologien im Einsatz an Flughäfen

Die deutschen Flughäfen haben sich der Initiative des europäischen Flughafenverbandes ACI angeschlossen, bis 2050 CO2-neutral zu werden und konnten ihre CO2-Emissionen zwischen 2010 und 2019 bereits um 29 Prozent senken. Das ist unter anderem auf die Nutzung regenerativer Energie wie zum Beispiel Solar- und Windkraft sowie auf die Optimierung von Bodenprozessen und flughafenspezifischen Anlagen zurückzuführen.

Durch den Bau nachhaltiger Flughafengebäude konnte der Energieverbrauch weiter reduziert werden. Auch sind heute schon mehr als 1.800 (hybrid-) elektrisch angetriebene Fahrzeuge an deutschen Flughäfen im Einsatz. Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, könnten es in Zukunft bis zu 10.000 sein.

Weniger Emissionen am Flughafen

Damit Flugzeuge am Münchener Flughafen ihre Hilfstriebwerke (APU) weniger als bisher einschalten müssen (1), wurden an allen gebäudenahen Parkpositionen am Terminal 1, Terminal 2 und am T2-Satellitengebäude PCA-Anlagen (Pre-Conditioned Air) installiert. Diese kühlen, lüften oder heizen (2) die Flugzeugkabine auch während der Bodenabfertigung. In München sind insgesamt 64 Anlagen verfügbar, womit im Endausbau pro Jahr bis zu 23.500 Tonnen CO2 eingespart werden können.

Auch die Versorgung parkender Flugzeuge mit Bodenstrom senkt die Emissionen an Flughäfen. Mittlerweile stellen fast alle Flughäfen stationäre oder mobile Aggregate (3) zur Verfügung. Der für den APU-Betrieb benötigte Kraftstoffverbrauch und die entsprechenden CO2-Emissionen können dadurch um rund 90 Prozent sinken.

Moderne Gebäudetechnik senkt den CO2-Ausstoß

Auch das neue Satellitengebäude am Terminal 2 des Münchner Flughafens setzt neue Maßstäbe in Sachen Umweltstandards. Das Gebäude wurde gemeinsam mit Lufthansa als „Green Satellite“ konzipiert, wobei die CO2-Emissionen um mindestens 40 Prozent geringer ausfallen als bei den bestehenden Terminalgebäuden. Für die hohe Effizienz sorgt unter anderem eine spezielle Klimafassade. Am Flughafen Düsseldorf gibt es an einigen Gebäudeteilen eine wetterabhängige Temperatursteuerung, die sich nach der Wettervorhersage richtet. Diese Technologie wird zukünftig auch in weiteren Flughafengebäuden installiert.

4. Klimaschutz ganzheitlich organisieren

Neben technischen Möglichkeiten, die Effizienz und damit die CO2-Emissionen des Luftverkehrs zu senken, spielen auch optimierte Prozesse bei der Flugsicherung und die Verlagerung von Verkehr auf die Schiene eine Rolle.

Anzahl innerdeutscher Flüge rückläufig

Dank größerer Flugzeuge im innerdeutschen Verkehr und attraktiveren Bahnverbindungen konnten innerdeutsche Flüge seit 2004 um 17 Prozent reduziert werden. Zudem findet der größte Teil des innerdeutschen Luftverkehrs inzwischen nur noch auf langen Strecken statt.

Innerdeutsche Flugverbindungen sind nicht nur für den Geschäftsreiseverkehr wichtig, sondern auch für das Funktionieren des gesamten deutschen Luftverkehrssystems: Denn ein Teil der innerdeutschen Passagiere fliegt zu einem deutschen Drehkreuzflughafen und will von dort aus ein internationales Langstreckenziel erreichen.

Verlagerung von innerdeutschem Luftverkehr auf die Schiene

Bei der Entscheidung, innerdeutsch zu fliegen oder die Bahn zu nutzen, sind allerdings nicht die Streckenlänge oder der Preis ausschlaggebend, sondern zumeist die Reisezeit. Als wesentliche Schwelle zur Verlagerung von Nachfrage vom Luftverkehr auf die Schiene hat sich eine Bahnreisezeit von rund drei Stunden herausgestellt. Dort, wo dies gegeben ist, konnten Flugstrecken bereits aufgrund zeitlich attraktiver Bahnverbindungen eingestellt werden, zum Beispiel zwischen Hamburg und Berlin, Köln und Frankfurt, Berlin und Nürnberg oder Köln und Stuttgart. Neben diesen Strecken sind noch die Flugverbindungen von Berlin nach Bremen und Dortmund sowie von Hamburg nach Leipzig gestrichen worden.

Spezifischen Kraftstoffverbrauch mit hoher Auslastung senken

Auch beim Betrieb eines Flugzeugs lässt sich die Energieeffizienz erhöhen. In diesem Sinne arbeiten Fluggesellschaften daran, die Auslastung zu erhöhen und gemeinsam mit der Flugsicherung die Routenführung zu verbessern. Im Vergleich zur durchschnittlichen Auslastung eines Autos von rund 30 Prozent (entspricht 1,5 Personen) und deutschen Fernverkehrszügen mit 56,1 Prozent, erreichte der deutsche Flugverkehr im Jahr 2019 eine hohe Auslastung von durchschnittlich 83,1 Prozent. Damit übertrifft er noch den weltweiten Wert von 82,5 Prozent. In der Folge hat sich dadurch auch der spezifische Kraftstoffverbrauch pro Passagier deutlich senken lassen.

Bessere Abläufe am Boden

Das Airport Collaborative Decision Making (A-CDM) ist ein europäisches Konzept mit dem Ziel, die am Flughafen ablaufenden Bodenprozesse zu verbessern. Denn nur ein reibungsloser Flug ist ein energieeffizienter Flug.

Hinter dieser Formel stecken komplexe Prozess- und Abstimmungsketten zwischen allen am Flug beteiligten Systempartnern wie Flughafenbetreibern, Fluggesellschaften, Abfertigungsunternehmen und Flugsicherung. Ein Flugzeug, das am Boden wartet, braucht Energie, weil Antrieb, Elektronik und Klimatisierung in Betrieb gehalten werden müssen. Je schneller ein Flugzeug wieder starten kann, desto weniger Energie verbraucht es am Flughafen – und desto höher ist die Effizienz bezogen auf die Transportleistung.

Weniger Energieverbrauch durch optimierten Sinkflug

Die DFS Deutsche Flugsicherung entwickelt im engen Austausch mit den deutschen Fluggesellschaften den kontinuierlichen Sinkflug CDO (Continuous Descent Operations) weiter. Das Verfahren wird mit dem sogenannten „späten Sinkflug“ erweitert, den der Pilot nach Freigabe durch den Fluglotsen eigens berechnet und einleitet, nachdem er die Reiseflughöhe verlassen hat. Auf diese Weise bewegt sich das Flugzeug so lange wie möglich in großen Flughöhen, bevor es sich dem Flughafen im kontinuierlichen Sinkflug nähert.

Denn je höher ein Flugzeug fliegt, desto weniger Kraftstoff verbraucht es. Simulationen in der Vergangenheit zeigten, dass sich damit Einsparungen von bis zu 85 Liter pro Flug erreichen lassen. Darüber hinaus reduziert das CDO auch die Lärmimmissionen in Flughafennähe. Das Verfahren zum kontinuierliche Sinkflug CDO wird bereits an den Flughäfen Hamburg, Hannover, Leipzig, Düsseldorf, Köln/Bonn, Frankfurt, Nürnberg, Stuttgart, München sowie Berlin angewendet.

Reduzierung von Kondensstreifen

Flugzeuge erreichen im Reiseflug bei Mittel- und Langstreckenflügen eine Höhe von über zehn Kilometern. In dieser Höhe entstehen unter bestimmten Voraussetzungen künstliche Wolken in Streifenform. Unter Umständen können sich aus diesen Kondensstreifen sogenannte Zirruswolken entwickeln. Je nach Situation können Zirruswolken die Erdatmosphäre sowohl erwärmen oder auch abkühlen. Vermeiden lassen sich die Kondensstreifen und damit auch die Zirruswolken, indem Flugzeuge die Entstehungsgebiete umfliegen. Dabei entstehen aber wiederum höhere CO2-Emissionen. Wie diese Erkenntnisse in den operativen Flugbetrieb umgesetzt werden könnten, daran arbeiten Luftverkehrswirtschaft und Wissenschaft zurzeit gemeinsam.

Weiterentwicklung des Europäischen Luftraums

Im europäischen Luftraum könnten durch grenzüberschreitende und direktere Flugrouten Kraftstoffeinsparungen erreicht werden. Die europäische Kommission nennt im Rahmen des „Single European Sky“-Programms ein Einsparpotenzial in Höhe von 10 Prozent. Für die europäischen Staaten ist jedoch bis heute die Organisation und Kontrolle des eigenen Luftraums ein Kernelement ihrer Souveränität. Die Folge sind Umwege sowie vermeidbare Emissionen und Kosten in Milliardenhöhe. Um die erheblichen Potenziale für eine Senkung der luftfahrtbedingten CO2-Emissionen zu nutzen, bedarf es einer weitergehenden Modernisierung des Luftverkehrsmanagements im europäischen Luftraum. Dafür gilt es die grenzüberschreitende Zusammenarbeit durch eine Modernisierung der EU-Luftraumarchitektur zu verbessern, vor allem durch die Vereinheitlichung der Trennflächen zwischen oberem und unterem Luftraum. Auch die Standardisierung und Automatisierung der Flugsicherungsdienste sowie eine höhere Flexibilität beim Lotseneinsatz sind erforderlich. Ziel ist es, den Verkehr in den neu geschaffenen neun funktionalen Luftraumblöcken (Functional Airspace Blocks, FABs) effizienter zu organisieren.

Klimaschutzbeitrag der Deutschen Flugsicherung

Die DFS Deutsche Flugsicherung hat in den vergangenen Jahren einen Beitrag dazu geleistet, dass Flugzeuge immer weniger Umwege fliegen müssen:

Die durchschnittliche Abweichung von der Ideallinie einer Flugstrecke konnte so im Vergleich zu 2010 in Deutschland um 31 Prozent reduziert werden –  von 5,5 km auf 3,8 km im Jahr 2019. Mit den dadurch bei allen Flügen eingesparten Kilometern könnte ein Flugzeug 141-mal um die Erde fliegen.

Insgesamt wurden durch die Vermeidung von Umwegen alleine im Jahr 2019 rund 71.000 Tonnen weniger CO2 ausgestoßen.

5. Innovative Konzepte für einen nachhaltigen Luftverkehr

Im Flugverkehr spielen alternative Kraftstoffe und elektrische Energie zunehmend eine entscheidende Rolle. Während alternative Kraftstoffe bereits bei konventionellen Triebwerken eingesetzt werden können, benötigen elektrische Antriebe ganz neue Flugzeugkonzepte.

Nachhaltige Flugkraftstoffe ermöglichen CO2-neutrales Fliegen

Das langfristige Ziel, die CO2-Emissionen der Luftfahrt auf null zu senken, ist trotz steigender Effizienz allerdings nur erreichbar, wenn das fossile Kerosin durch regenerative Kraftstoffe ersetzt wird. Hierfür gibt es mehrere Ansätze. Einer der ökologisch besten Wege ist ein strombasierter Kraftstoff.

Mit Hilfe von regenerativ erzeugtem Strom wird dabei Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt und der Atmosphäre das benötigte CO2 entzogen. Der Wasserstoff und das CO2 werden dann in einem komplexen Verfahren zu einem synthetischen Rohöl verbunden und anschließend zu Kerosin weiterverarbeitet.

Fliegt ein Flugzeug dann mit diesem Kraftstoff, emittiert es dieselbe Menge CO2 in die Atmosphäre, die dieser vorher zur Herstellung des Kraftstoffs entzogen wurde und bewegt sich somit unter dem Strich CO2-neutral. Der entstehende Kraftstoff ist austausch- und mischbar mit konventionellem Kerosin, kann also unter Wahrung aller Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen und mit der bestehenden Infrastruktur eingesetzt werden. Positiv wirkt sich der Einsatz von diesen alternativen Flugkraftstoffen auch auf die Klimawirkung des Luftverkehrs aus. Weil sie weniger Partikel enthalten, entstehen auch weniger Kondensstreifen.

Die Verwendung von alternativen Kraftstoffen im regulären Flugbetrieb lässt sich nicht von heute auf morgen realisieren, da diese im Augenblick nicht in ausreichenden Mengen zur Verfügung stehen und noch zu teuer sind. Doch die Technologie für die Produktion und den Einsatz von synthetischen Kraftstoffen ist erprobt und funktioniert. Die Frage, ob und wann solche Kraftstoffe eingesetzt werden können, ist also im Wesentlichen keine der technischen Machbarkeit, sondern eine des energiepolitischen Rahmens.

Elektrische Antriebe ermöglichen neue Flugzeugkonzepte

Prototypen wie der E-Fan von Airbus, der Sun Flyer 2 von Bye Aerospace oder auch das kürzlich getestete Flugtaxi von Lilium zeigen, dass das Fliegen im kleinen Maßstab mit ausschließlich elektrischen Antrieben möglich ist. Für den kommerziellen Passagierverkehr im großen Maßstab werden konventionelle Antriebe aber auch in den nächsten Jahren unverzichtbar bleiben. Hybrid-elektrische Flugzeuge mit bis zu 100 Sitzplätzen könnten hingegen schon ab 2030 in die Luft gehen – beispielsweise auf kürzeren, hoch frequentierten Strecken wie Berlin – Köln/Bonn sowie im Regionalverkehr.

Der große Vorteil hybrid-elektrischer Antriebe ist, dass die Energieerzeugung im Gegensatz zu herkömmlichen Triebwerken an einer Stelle im Rumpf des Flugzeugs konzentriert werden kann, um von dort aus mehrere Propeller mit Strom zu versorgen.

Der benötigte Strom könnte zum Beispiel von einer Gasturbine, einer Brennstoffzelle oder einer Batterie erzeugt werden. Die E-Thrust Konzeptstudie von EADS ist ein solches Hybridkonzept. Hier wird das Flugzeug nicht von herkömmlichen Turbinen, sondern elektrisch betriebenen Propellern angetrieben. Den benötigten Strom stellt eine Gasturbine im Heck bereit, die mit nachhaltigem Flugkraftstoff angetrieben werden kann.

6. Instrumente für eine CO2-Bepreisung im Luftverkehr

Solange es keine technischen Möglichkeiten gibt, um CO2-neutral zu fliegen, müssen Instrumente zum Einsatz kommen, um die unvermeidbaren Emissionen des Luftverkehrs durch CO2-Reduktion in anderen Bereichen zu kompensieren.

Europäischer Emissionshandel (EU-ETS)

Der innereuropäische Luftverkehr ist seit 2012 in den Emissionshandel einbezogen und zahlt für einen wesentlichen Teil der von ihm verursachten Emissionen. Mit diesem Instrument wird sichergestellt, dass die Emissionen aller in den Emissionshandel einbezogenen Wirtschaftsbereiche bis 2030 um 43 Prozent gegenüber dem Jahr 2005 reduziert werden. Bereits bis 2020 sank die fest definierte Obergrenze (Cap) an CO2 um jährlich 1,74 Prozent. Ab 2020 wird sie dann pro Jahr um weitere 2,2 Prozent abgesenkt.

Gleichzeitig reduzieren sich für den Luftverkehr die kostenlos zugeteilten Zertifikate um jährlich 2,2 Prozent. Mittlerweile müssen die deutschen Fluggesellschaften für 62 Prozent ihrer durch den innereuropäischen Flugverkehr verursachten Emissionen CO2‐Zertifikate zukaufen. Damit finanzieren sie die Investitionen zur Senkung der CO2‐Emissionen aller einbezogenen Wirtschaftsbereiche.

Internationale CO2-Bepreisung mit CORSIA

Das Instrument des Emissionshandels war in der internationalen Staatengemeinschaft für den weltweiten Luftverkehr nicht durchsetzbar. Stattdessen wurde für den internationalen Luftverkehr auf UN-Ebene im Jahr 2016 ein eigenes CO2-Bepreisungsinstrument vereinbart: Auf Grundlage der Emissionen von 2019 regelt das international abgestimmte CO2-Kompensationssystem CORSIA (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation) eine international geltende CO2-Bepreisung bei internationalen Flügen. Die internationale Luftfahrt hat die Einführung dieses Systems ausdrücklich unterstützt. Bei CORSIA werden wie beim Emissionshandel Emissionen, die in einem Sektor – in diesem Fall dem Luftverkehr – derzeit nicht vermieden werden können, in einem anderen Sektor eingespart. Das funktioniert so:

Die Fluggesellschaften müssen im Rahmen von CORSIA für ihre wachstumsbedingten Emissionen zahlen. Mit diesen Mitteln werden dann von der ICAO zertifizierte Klimaschutzprojekte finanziert. Damit wird erreicht, dass unter dem Strich kein zusätzliches CO2 emittiert wird.

Individuelle Klimakompensation

Fluggäste haben heute schon die Möglichkeit, die Klimawirkung ihres jeweiligen Fluges zu kompensieren. Hiervon machen bisher aber nur wenige Passagiere Gebrauch. Die deutschen Fluggesellschaften implementieren die Angebote zur Kompensation oder zur Förderung nachhaltiger Umweltprojekte daher vermehrt in den Buchungsprozess. So können die Kunden besser auf diese Angebote aufmerksam gemacht werden. Auch an vielen Flughäfen besteht die Möglichkeit bei verschiedenen Anbietern zu kompensieren. So liegen die Kosten für die freiwillige Kompensation von Berlin nach Köln beispielsweise bei 3 Euro, von Berlin nach Mallorca bei 7 Euro und von Berlin nach New York bei 27 Euro (Economy Linienflug bei myclimate).

Anmerkung der Redaktion: Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts ist das Corona-Virus weltweit auf dem Vormarsch und führt zu tiefgreifenden Veränderungen in vielen Lebensbereichen, so auch in der Luftfahrt: Der weltweite Luftverkehr ist im Frühjahr 2020 fast völlig zum Erliegen gekommen, die Erholung wird Jahre dauern. Aber: Der Berichtszeitraum umfasst die Jahre 2019 und früher. Entsprechend spiegelt dieser Report lediglich die Zahlen und Entwicklungen vor der Pandemie wider.

Ansprechpersonen

Wolf-Dietrich Kindt
Leiter Klima- und Umweltschutz
wolf.kindt@bdl.aero
+49 30 520077-140
Alexander Klay, Pressesprecher BDL
Alexander Klay
Pressesprecher
alexander.klay@bdl.aero
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Dokumente
Klimaschutzreport 2020
 
Masterplan Klimaschutz im Luftverkehr
Der Masterplan Klimaschutz für den Luftverkehr