Fluglärmreport 2020

1. Fluglärm: Daten und Fakten 2020

Steigende Passagierzahlen führen nicht zwangsläufig zu mehr Lärm durch Flugzeuge. Denn die Entwicklung von Passagierzahlen und Flugbewegungen konnte in Deutschland entkoppelt werden. Darüber hinaus werden moderne Flugzeuge durch den Einsatz neuer Technologien immer leiser, sodass sie ihre zulässigen Lärmgrenzwerte deutlich unterschreiten.

Effiziente Organisation des Luftverkehrs reduziert Fluglärm

Im Luftverkehr bedeuten steigende Passagierzahlen nicht automatisch einen genauso starken Anstieg von Flugbewegungen. An deutschen Flughäfen werden heute deutlich mehr Passagiere und Fracht transportiert als noch vor 25 Jahren, aber die Flugbewegungen sind nicht in gleichem Maße gestiegen.

1991 gab es in Deutschland 77 Millionen Passagiere. Bis 2019 hat sich die Zahl mehr als verdreifacht auf 248 Millionen Passagiere – ein Plus von 219 Prozent. Die Flugbewegungen sind lediglich um 70 Prozent angestiegen. Das wurde erreicht, indem heute 85 Prozent mehr Passagiere in einem Flugzeug sitzen als noch Anfang der 90er Jahre.

Zum einen nutzen Fluggesellschaften zunehmend größere Flugzeuge, mit denen sie mehr Menschen auf einmal transportieren können. Zum anderen haben die Fluggesellschaften weltweit ihre Auslastung kontinuierlich verbessern können. Von zehn Plätzen sind heute im Durchschnitt etwa acht Plätze besetzt.

Lärmentwicklung bis heute: minus 88 Prozent

Der wirksamste Ansatz, um Lärm zu vermeiden, ist, in neue Flugzeugtechniken zu investieren und die Flugzeuge kontinuierlich zu modernisieren. Hier wurden in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte erzielt: So sind Flugzeuge der neuesten Generation um 30 Dezibel und damit um rund 88 Prozent leiser als noch vor 60 Jahren.

Flugzeuge unterschreiten vorgeschriebene Lärmgrenzwerte deutlich

Lärmgrenzwerte werden wegen der Internationalität im Luftverkehr im Anhang 16 zum Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt (Chicagoer Abkommen) festgelegt. Die zulässigen Werte hängen von der maximalen Startmasse und von der Anzahl der Triebwerke des Flugzeugs ab, sind also für jeden Typ verschieden. Welche Anforderungen Flugzeugtypen jeweils ab wann erfüllen müssen, wird in sogenannten Lärmkapiteln geregelt. Ende des Jahres 2017 trat mit Kapitel 14 eine deutliche Verschärfung der Grenzwerte in Kraft. Kapitel 14-Flugzeuge müssen bei der Zulassung die Lärmgrenzwerte der Vorgängergeneration, also der Kapitel 4-Flugzeuge, in Summe um mindestens sieben Dezibel unterschreiten.

Als erste Flugzeuge betrifft dies zum Beispiel den Airbus A330neo und die Embraer 190-E2. Der verschärfte Grenzwert wurde aber auch schon bei der Entwicklung neuer Flugzeugmuster berücksichtigt, deren Musterzulassung vor Inkrafttreten des Kapitels 14 erfolgt ist. So erfüllen auch der Airbus A350, die A320neo und die Boeing 787 die Anforderungen des Kapitels 14, obwohl sie formal nur den Anforderungen des Kapitels 4 genügen müssten.

Deutsche Fluggesellschaften investieren in lärmarme Flugzeuge

Gemessen an ihren Vorgängern sind neue Flugzeuge erheblich leiser.

Schon heute betreiben deutsche Fluggesellschaften viele Flugzeuge modernster Bauart. Und auch für die kommenden Jahre haben sie bereits 196 Flugzeuge im Wert von mehr als 42 Milliarden Euro bestellt. Dabei ist der Lärmschutz nur ein Grund für die Flottenmodernisierung. Ein weiterer Anreiz: Moderne Flugzeuge sind nicht nur leiser, sie verbrauchen auch deutlich weniger Kerosin. Mit den neuen Maschinen werden in der Regel ältere, lautere Flugzeuge ersetzt. Zum Beispiel mustert Lufthansa Cargo derzeit Flugzeuge des Modells Boeing MD-11F aus und ersetzt diese durch eines der modernsten Frachtflugzeuge der Welt, die Boeing 777F. Die Messungen zeigen, dass damit deutliche Entlastungen für die Bevölkerung verbunden sind. Im Schnitt ist das neue Modell hierbei kumuliert über die drei Messwerte um 3,5 Dezibel leiser.

Umweltbundesamt: weniger Menschen von Fluglärm betroffen

Entsprechend der EU-Umgebungslärmrichtlinie wurde erstmals 2007 der Verkehrslärm in Europa erfasst – die neuesten Zahlen für Deutschland stammen aus dem Jahr 2018. Laut Auswertung des Umweltbundesamtes sind in Deutschland 8,7 Millionen Menschen von Straßenlärm und 6,4 Millionen Menschen von Schienenlärm mit einem durchschnittlichen Schallpegel LDEN von mehr als 55 dB(A) betroffen.

Von Fluglärm ist eine wesentlich kleinere Gruppe betroffen, nämlich 846.600 Menschen. Noch größer fallen die Unterschiede in den Nachtstunden aus: Zwischen 22 und 6 Uhr sind 21 Mal mehr Menschen durch Schienenlärm und 23 Mal mehr durch Straßenlärm mit einem Pegel von mehr als 50 dB(A) belastet als von Fluglärm.

Fluglärm: Wahrnehmung und Problembewusstsein

Öffentlich geführte Debatten beeinflussen das Stimmungsbild der Bevölkerung. Das zeigt beispielsweise eine regelmäßig durchgeführte Bürgerumfrage der Stadt Frankfurt am Main.

Vor und während des Ausbaus des Frankfurter Flughafens nannten deutlich mehr Bürger diesen und den dadurch befürchteten Anstieg des Fluglärms als größtes Stadtproblem. Seit der Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest Ende 2011 hat sich das Stimmungsbild jedoch wieder gewandelt: Das Thema Fluglärm hat sich in der Wahrnehmung der Bürger wieder auf das Niveau vor dem Ausbau abgesenkt.

2. Internationale Lärmschutzstrategie und europäische Ziele

Die Internationale Zivilluftfahrtbehörde ICAO hat Leitlinien für einen ausgewogenen Ansatz zum Umgang mit Fluglärm veröffentlicht – den Balanced Approach. Darüber hinaus hat die EU konkrete Ziele zur Lärmminderung im Luftverkehr bis 2050 formuliert.

Der ausgewogene Ansatz: Balanced Approach

Die ICAO definiert im Balanced Approach vier Hauptelemente, mit denen Fluglärm wirkungsvoll verringert werden kann, ohne die Sicherheitsstandards zu gefährden, die Vorrang vor dem Umweltschutz haben müssen. Die ICAO hat dabei international festgelegt, dass die ersten drei Maßnahmen eine höhere Priorität haben als die vierte Maßnahme:

  • 1. Lärmreduzierung an der Quelle, also an den Flugzeugen. Dazu gehören der Einsatz lärmarmer Flugzeuge und lärmmindernde Maßnahmen bei der Bestandsflotte an Triebwerken, Flügeln und Fahrwerken.
  • 2. Lokale Maßnahmen im Flughafenumfeld. Dazu zählen zum Beispiel ein Flächennutzungsplan, der auf die Lärmschutzbereiche abgestimmt ist, passiver Schallschutz und lärmabhängige Start- und Landeentgelte.
  • 3. Lärmreduzierende Verfahren in der Luft und am Boden. Zu den innovativen Flugverfahren, die an den Flughäfen erprobt werden, gehören etwa der kontinuierliche Sinkflug sowie satellitengestützte Anflugverfahren. Maßnahmen, die zu einem verringerten Einsatz der Triebwerke im Bodenverkehr führen, reduzieren ebenfalls den Lärm.
  • 4. Lärmbedingte Betriebsbeschränkungen. Diese sollen nur zum Zuge kommen, wenn alle anderen Optionen zur Reduzierung der Lärmbelastung ausgeschöpft wurden.

Europäisches Technologieziel für Flugzeuglärm: minus 65 Prozent

Die Europäische Union verfolgt gemeinsam mit ihren Mitgliedstaaten und der europäischen Luftfahrtindustrie ein ehrgeiziges Ziel: Ausgehend vom Stand der Technik des Jahres 2000 sollen die Entwicklungen in der Flugzeugtechnologie bis zum Jahr 2050 zu einer Lärmminderung von 65 Prozent führen. Dies entspricht einer Reduzierung um 15 Dezibel. Dieses Ziel hat der europäische Luftfahrtforschungsbeirat (ACARE) in seinem Strategiepapier „Flightpath 2050“ ausgegeben. Die von ACARE definierte Forschungsagenda ist richtungsweisend für die Förderung der Luftfahrtforschung sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene.

Eines der wichtigsten europäischen Forschungsvorhaben, um diese Ziele zu erreichen, ist „Clean Sky“. Die Initiative, die sich bereits in der zweiten Phase befindet, wurde 2008 als öffentlich-private Partnerschaft zwischen der Europäischen Kommission und europäischen Luftfahrtunternehmen ins Leben gerufen.

Die Luftfahrtindustrie leistet insbesondere mit ihren Innovationen im Bereich der Triebwerke erhebliche Beiträge zur Reduktion des von Flugzeugen ausgehenden Lärms. So liefert Airbus die „New Engine Option“ (neo) seines A320-Modells seit Anfang 2016 und die A330neo seit November 2018 an erste Kunden aus.

Auch aktuelle Boeing-Modelle, wie die 787 sind deutlich leiser als ihre Vorgänger. Durch den umfassenden Einsatz der neuen, leiseren Modelle sowie weiterer Technologien, die derzeit noch getestet werden, können die Hersteller die ACARE-Vorgaben erreichen.

3. Lärmreduzierung an der Quelle

Das wichtigste Mittel zur Lärmreduzierung ist der Austausch alter und damit lauter Flugzeuge durch neuere, leisere Maschinen. Eine weitere Möglichkeit ist die Nachrüstung vorhandener Flugzeuge.

42 Milliarden Euro für leisere Flugzeuge

Gemessen an den Vorgängermodellen sind neuere Flugzeuge erheblich leiser. Schon heute betreiben deutsche Fluggesellschaften viele Flugzeuge modernster Bauart. Und auch für die kommenden Jahre wollen sie 196 neue Flugzeuge im Wert von mehr als 42 Milliarden Euro beschaffen. Investieren können Unternehmen aber nur, wenn sie Gewinne erwirtschaften.

Luftfahrtunternehmen mit geringen Gewinnmargen, die durch nationale Alleingänge des Gesetzgebers zusätzlich mit Abgaben belastet werden, können weniger Investitionen in neue Flugzeuge tätigen als nötig wäre. Die Arbeit der Flugzeug- und Triebwerkshersteller hat entscheidend dazu beigetragen, dass die Maschinen in den vergangenen 60 Jahren rund 88 Prozent leiser geworden sind.

Die Grafik zeigt die Lärmentwicklung am Beispiel zweier aktueller Verkehrsflugzeuge im Vergleich zu den jeweiligen Vorgängermodellen.

Lärmreduzierung durch moderne Triebwerke

Ein weiterer Technologiesprung ist den Triebwerksherstellern mit dem sogenannten Getriebefan gelungen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Triebwerken erzeugt der Getriebefan hochfrequente Töne. Diese liegen zum Teil außerhalb des menschlichen Hörbereichs und werden von der Luft stärker gedämpft als tiefere Töne. Der Fluglärm sinkt damit erheblich. So verkleinert sich der Lärmteppich – also der lärmbetroffene Bereich im Flughafenumfeld – während des Starts um rund 70 Prozent. Flughafenanwohner werden also deutlich entlastet.

Auf den in der Grafik eingefärbten Flächen beträgt der Lärm startender Maschinen mehr als 75 Dezibel, das entspricht dem Geräusch eines Autos in 25 Metern Entfernung, das mit 60 Stundenkilometern unterwegs ist.

Lärmreduzierung durch Wirbelgeneratoren

Beim Airbus A320 traten an den Tankdruckausgleichsöffnungen, die an der Flügelunterseite liegen, zwei störende Töne auf, weil Luft so angeströmt wurde, als würde über die Öffnung einer Glasflasche geblasen. Daraufhin haben DLR, Lufthansa und Airbus Wirbelgeneratoren entwickelt, die inzwischen bei jedem A320-Flugzeug verbaut werden. Diese erzeugen sogenannte Längswirbel, die den Luftstrom über den Öffnungen so ändern, dass die Töne nicht mehr entstehen können.

Messungen am Flughafen Frankfurt zeigen, dass der Einbau der Wirbelgeneratoren im Landeanflug zwischen zehn und 17 Kilometer Entfernung zu einer Reduzierung des Gesamtschallpegels um bis zu vier Dezibel führt. In größeren Entfernungen ist der Effekt laut Airbus sogar noch größer.

4. Lokale Maßnahmen im Flughafenumfeld

Neben der Lärmreduzierung an der Quelle kann durch passiven Schallschutz die Lärmbelastung für Anwohner verringert werden. Außerdem verhindert eine intelligente Siedlungspolitik neue Betroffenheit. Und durch den Einsatz von lärmabhängigen Entgelten sollen Anreize zum Einsatz leiserer Flugzeuge geschaffen werden.

866 Millionen für den passiven Schallschutz

Der Fachbegriff „Passiver Schallschutz“ steht für bauliche Maßnahmen, die den Lärm am Ort seiner Einwirkung mindern. Das Geld für den passiven Schallschutz stellen die Flughäfen beziehungsweise die Fluggesellschaften über die Flughafenentgelte bereit. Damit ist der Luftverkehr der einzige Verkehrsträger, der die Kosten für den Schallschutz selbst trägt.

Die Luftverkehrswirtschaft hat in den vergangenen Jahrzehnten etwa 866 Millionen Euro für passive Schallschutzmaßnahmen ausgegeben. Im Prinzip wird der Schutz vor Fluglärm am Boden auf zwei Feldern verwirklicht: auf dem Flughafengelände selbst und als passiver Lärmschutz an den Gebäuden in den gesetzlich festgelegten Schutzzonen der Umgebung. Eine besondere Quelle für vom Flughafengelände ausgehende Lärmbelastungen können Testläufe von Triebwerken sein. Um diesen Lärm einzudämmen, haben einige Flughäfen Lärmschutzanlagen gebaut.

So wird der Lärm von Triebwerksprobeläufen abgeschirmt und gelangt gar nicht erst in der vollen Lautstärke in die Nachbarschaft.

Verantwortungsbewusste Siedlungspolitik

Weil Flugzeuge immer leiser werden, belasten sie die Flughafenumgebung auch entsprechend weniger. Da sich aber viele angrenzende Gemeinden dazu entscheiden, ihre Siedlungen weiter in Richtung der Flughäfen auszudehnen, wächst in solchen Regionen dennoch die Zahl der Betroffenen von Fluglärm. Viele Ausnahmen von den gesetzlichen Siedlungsbeschränkungszonen ermöglichen Siedlungswachstum rund um die Flughäfen. So dürfen etwa weiterhin Wohnungen in Gebieten gebaut werden, für die bei Inkrafttreten einer Siedlungsbeschränkungszone bereits Bebauungspläne oder Umstrukturierungen beschlossen waren. Dadurch wächst die Bebauung in Richtung der Lärmquelle. Das ist im Sinne des Lärmschutzes aber kontraproduktiv, weshalb bei der regionalen Siedlungspolitik umgesteuert werden muss. Die Verantwortlichen in Ländern und Kommunen sind hier gefordert.

Die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen haben 2017 eine Studie zur Siedlungsflächenentwicklung im Flughafenumfeld vorgelegt. Die Studie enthält eine Langzeitanalyse der tatsächlichen Siedlungsflächenentwicklung im Umfeld von sechs deutschen Flughäfen mit umfangreichem Kartenmaterial.

Lärmentgelte – Anreize für das Einsetzen leiserer Flugzeuge

Für jeden Start und jede Landung müssen Fluggesellschaften Entgelte an den jeweiligen Flughafen zahlen. Wie hoch diese ausfallen, hängt von vielen Faktoren ab – vom Gewicht des eingesetzten Flugzeuges, von der Anzahl der Passagiere, von der Tageszeit und von den Lärmimmissionen der Maschine. Für deutsche Flughäfen schreibt der Gesetzgeber vor, dass bei der Berechnung der Flughafenentgelte eine Lärmkomponente enthalten sein muss.

Lärmabhängige Anteile der Flughafenentgelte steigen

Die Flughäfen machen die Start- und Landeentgelte von den Lärmimmissionen des Flugzeugtyps abhängig und schaffen so einen Anreiz zum verstärkten Einsatz moderner und leiserer Flugzeuge. In der Nacht sind diese Entgelte höher als am Tag. Folglich wird es unattraktiver, nach dem Inkrafttreten der Nachtruhe den Flughafen anzufliegen. Dies wird beispielsweise am Flughafen Hamburg umgesetzt. Seit Juni 2017 gilt eine Gebührenstruktur, in der sich die Gebühren bei Verspätungen sukzessive erhöhen.

So müssen die Fluggesellschaften bei einem typischen Mittelstreckenflugzeug für Flüge ab 22 Uhr mindestens 191 Euro zahlen. In der alten Gebührenordnung waren es noch 92 Euro. Ab 23 Uhr werden die Gebühren im Viertelstunden-Takt erhöht: Lag der Höchstsatz zwischen 0 Uhr und 6 Uhr früher bei 183 Euro, hat er sich in der aktuellen Gebührenordnung fast verfünffacht und liegt nun bei 891 Euro.

5. Lärmreduzierende Verfahren in der Luft und am Boden

Sowohl durch lärmmindernde Flugbetriebsverfahren als auch durch lärmarme Betriebsverfahren am Boden besteht die Möglichkeit, die Lärmbelastung rund um die Flughäfen zu reduzieren.

Kontinuierlicher Sinkflug reduziert Lärm

Beim Landen entscheidet neben dem Anflugwinkel auch die Schubkraft darüber, wie viel Lärm am Boden ankommt. Beim kontinuierlichen Sinkflug wird daher versucht, den Schub auf ein Minimum zu reduzieren und das Flugzeug in einer Art Gleitflug landen zu lassen. Fluglärm kann damit in einem Bereich von 55 bis 18 Kilometern vor der Landebahn um bis zu fünf Dezibel verringert werden.

Dicht besiedelte Gebiete umfliegen

Mithilfe satellitengestützter Flugverfahren lassen sich Abflugstrecken präziser einhalten und Gemeinden in Flughafennähe leichter umfliegen. Während Abflugverfahren, die auf konventioneller Navigation beruhen, mit noch teilweise größeren Abweichungen von der Ideallinie verbunden sind, ermöglicht der GPS-basierte Navigationsstandard entsprechend ausgerüsteten Flugzeugen, sogenannte Radius-to-fix-Kurven (RF-Leg) zu fliegen.

Piloten, die dieses Verfahren anwenden, befliegen dabei in hoher Präzision eine Kreisbahn, die von der Flugsicherung anhand eines festgelegten Radius, ausgehend von einem fixen Punkt, definiert ist. Damit können Flugzeuge ihre vorgegebene Ideallinie im Kurvenflug mit kontinuierlich gleichem Abstand zum Referenzpunkt einhalten.

Erste Ergebnisse am Flughafen Frankfurt haben gezeigt, dass Flugzeuge mithilfe dieser Verfahren selbst unter schwierigen Wind- und Wetterbedingungen die vorgegebenen Flugwege genauer abfliegen können. Streuungen entlang einer Abflugstrecke mit Kurvensegmenten werden minimiert, so dass angrenzende Ortschaften in Flughafennähe eine Entlastung spüren.

Strom und klimatisierte Luft vom Flughafen

Lärm entsteht vor allem beim An- und Abflug von Flugzeugen, aber auch auf dem Flughafengelände. Steht ein Flugzeug an seiner Parkposition, läuft in der Regel das bordeigene Hilfstriebwerk (APU), um die Kabine zu beleuchten und bei Bedarf auch die Klimaanlage mit Strom zu versorgen. Das erzeugt Lärm. Einige Flughäfen versuchen, die Lärmemission zu reduzieren, indem sie eine externe Stromversorgung für parkende Flugzeuge anbieten. Dadurch lässt sich die Einsatzdauer der lärmintensiven Hilfstriebwerke deutlich verringern. Für die Flugzeuge, die über eine Fluggastbrücke mit dem Terminal verbunden sind, ermöglichen Flughäfen diese stationäre Stromversorgung zum Beispiel über Leitungen am Endstück der Brücke. Auch auf den Außenpositionen des Vorfelds kann Bodenstrom angeboten werden.

Neben Strom kann auch klimatisierte Luft direkt über den Flughafen bezogen werden. Der Flughafen Hamburg zum Beispiel bietet den Fluggesellschaften an allen Gebäudepositionen an, klimatisierte Luft in die Kabinen zu leiten.

Am Flughafen München wurden an allen gebäudenahen Parkpositionen am Terminal 1, Terminal 2 und am T2-Satellitengebäude insgesamt 64 PCA-Anlagen (Pre-Conditioned Air) installiert. Diese kühlen, lüften oder heizen die Flugzeugkabine auch während der Bodenabfertigung. Damit müssen Flugzeuge ihre Hilfstriebwerke weniger als bisher einschalten, was zu einer deutlichen Lärmminderung führt.

6. Lärmbedingte Betriebsbeschränkungen

Der Wirtschaftsstandort Deutschland benötigt bedarfsgerechte Betriebszeiten an Flughäfen, auch in der Nacht. Dem gegenüber steht die Forderung von Anwohnern nach geschützter Nachtruhe. Beschränkungen der Betriebszeiten sollen nach dem Balanced Approach der ICAO aber nur erwogen werden, wenn alle anderen Optionen zur Reduzierung der Lärmbelastung ausgeschöpft wurden.

Restriktive Betriebszeiten an deutschen Flughäfen schwächen Wirtschaftsstandort

Während weltweit fast alle bedeutenden Flughäfen auch nachts geöffnet sind, ist der Flugbetrieb in Deutschland in den Nachtstunden heute nur noch an einzelnen Flughäfen möglich. An den meisten deutschen Flughäfen gibt es starke Betriebseinschränkungen bis hin zu absoluten Nachtflugverboten. So sind geplante Flüge in der Kernnacht von 0 Uhr bis 5 Uhr vielerorts verboten; Nacht- oder Tagesrandstunden sind stark eingeschränkt.

Anders stellt sich die Situation für ausländische Flughäfen dar, die mit den deutschen Standorten um Umsteigepassagiere und Frachtverkehre konkurrieren. An den großen Drehkreuzflughäfen im Ausland gibt es solche strengen Auflagen in der Regel nicht. Für den auf Welthandel angewiesenen Wirtschaftsstandort Deutschland ist eine gute Mobilitätsanbindung aber von besonders großer Bedeutung. Eine weitere Beschränkung der Betriebszeiten an Flughäfen in Deutschland wäre für die gesamte Volkswirtschaft mit erheblichen Standortnachteilen verbunden.

Betriebsbeschränkungen benachteiligen deutsche Fluggesellschaften

Die Anschaffung und der Betrieb von Flugzeugen kostet viel Geld. Damit sich die hohen Investitionen in moderne umweltverträgliche Flugzeuge lohnen, müssen die Maschinen über den Tag verteilt so lange wie möglich in der Luft sein und Passagiere und Fracht transportieren. Darum versuchen die Fluggesellschaften, Standzeiten möglichst kurz zu halten. So können Flugzeuge, die von einem Flughafen aus operieren, an dem kein Nachtflugverbot gilt, mehr Flüge an einem Tag absolvieren und damit deutlich produktiver sein.

Anders stellt sich die Situation an Flughäfen dar, an denen von 22 bis 6 Uhr morgens nicht geflogen werden darf. Eine deutsche Fluggesellschaft, die zum Beispiel an einem solchen Flughafen ihre Basis hat und dort ihre Flugzeuge stationiert, kann lediglich zweimal pro Tag zu einem Ziel wie Malaga in Spanien fliegen. Ausländische Fluggesellschaften, die ihre Flugzeuge an einem nachtoffenen Flughafen im Ausland stationiert haben, können ihre Flugzeuge somit länger und damit wirtschaftlicher nutzen. So schafft eine Maschine, die morgens um 4.30 Uhr zum ersten Mal von Malaga abhebt und um 0.30 Uhr wieder dort landet, pro Tag drei Umläufe nach Deutschland. Dieser sogenannte Homebase-Effekt führt dazu, dass Fluggesellschaften, die ihre Maschinen an nacht-offenen Flughäfen im Ausland stationieren, deutlich produktiver arbeiten können – sie genießen einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber deutschen Mitbewerbern.

7. Lärmwirkung

Ob und warum ein Mensch unter Umständen von Lärm krank wird, hängt von vielen Faktoren ab. Die Lärmwirkungsforschung kann hier neue Erkenntnisse liefern.

Wie stark sich Menschen von (Flug-) Lärm gestört fühlen, hängt einerseits von der Lautstärke und der Häufigkeit des Lärmereignisses ab und andererseits von der persönlichen Lärmempfindung und der jeweiligen (Lebens-) Situation. In neueren Studien zeigt sich, dass sich Menschen derzeit bei gleicher Lärmbelastung stärker und schneller von Fluglärm belästigt fühlen, als das noch vor einigen Jahren der Fall war.

Eine professionelle Lärmwirkungsforschung schafft die Grundlage für ein Verständnis der Zusammenhänge zwischen persönlichen, sozialen und situativen Faktoren. In der NORAH-Studie (Noise Related Annoyance, Cognition und Health) wurde über fünf Jahre hinweg untersucht, wie sich Verkehrslärm auf die Gesundheit und die Lebensqualität von Menschen auswirkt.

In der Studie zeigten sich erhöhte (subjektive) Belästigungswerte durch Fluglärm, während für die meisten der untersuchten Erkrankungsrisiken keine oder kaum eine statistische Signifikanz aufgezeigt werden konnte.

2017 wurden in einer Bestandsaufnahme insgesamt 328 Veröffentlichungen über die Wirkung von Fluglärm auf den Menschen von einem Expertenteam der Charité begutachtet und bewertet. Hierfür wurden mögliche Gesundheitsbeeinträchtigungen u.a. in den Bereichen Belästigung, Herz-Kreislauf-System, Schlaf, Stress und psychische Erkrankungen unterschieden. Seit der letzten Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes im Jahr 2007 haben sich laut der Studie in der Lärmwirkungsforschung keine grundlegend neuen Erkenntnisse zu den Gesundheitsgefährdungen durch Fluglärm auf den Menschen ergeben. Das zeigt, dass das anspruchsvolle Schutzkonzept, das dem Gesetz zugrunde liegt, auch weiterhin richtig ist und Bestand hat.

Die WHO hat dagegen in ihren im Oktober 2018 vorgestellten Noise Guidelines eine Empfehlung für Verkehrslärm-Richtwerte ausgesprochen. Für Fluglärm empfiehlt die WHO einen Wert von 45 dB LDEN und 40 dB in der Nacht. Allerdings wurden für die Erkenntnisse zum Fluglärm lediglich Studienergebnisse zu Belästigung und Schlafqualität herangezogen, zu weiteren gesundheitlichen Risiken gab es keine ausreichenden Belege.

8. Bürgerbeteiligung

Es ist das Wesen unserer Demokratie, dass sich Bürgerinnen und Bürger in die öffentliche Meinungsbildung einbringen können. Das gilt auch beim Thema Fluglärm. Auch hierbei können sich die Menschen mit ihren Interessen einbringen – direkt oder über die Vertreter der Gemeinden in den Fluglärmkommissionen.

In den umfangreichen und oftmals langjährigen Planungs- und Genehmigungsverfahren wird heute eine intensive Bürgerbeteiligung bei Bau und der Erweiterung von Flughäfen praktiziert. Die Flughäfen bekennen sich in den „Leitlinien für eine gute Bürgerbeteiligung“ des Flughafenverbandes ADV zu einer frühzeitigen, offenen und transparenten Beteiligung der Bürger.

Planung von Flugverfahren folgt klaren Regeln

Die Planung von Flugverfahren erfolgt durch die DFS Deutsche Flugsicherung. Flugverfahren umfassen sowohl Anweisungen zur Flugrichtung als auch zu Höhe und Geschwindigkeit. Das wichtigste Kriterium bei der Festlegung von Flugverfahren ist die Sicherheit des Flugverkehrs. Daneben spielen der Lärmschutz, Umweltaspekte und flüssige Abwicklung des Luftverkehrs eine große Rolle. Bei der Festlegung werden die Fluglärmkommission, in der unter anderem die von Fluglärm betroffenen Städte und Gemeinden vertreten sind, und das Umweltbundesamt einbezogen. Die deutsche Luftverkehrswirtschaft unterstützt eine Einbeziehung der Bürger in die Arbeit der Fluglärmkommissionen.

Ansprechpersonen

Wolf-Dietrich Kindt
Leiter Klima- und Umweltschutz
wolf.kindt@bdl.aero
+49 30 520077-140
Carola Scheffler
Pressesprecherin
carola.scheffler@bdl.aero
+49 30 520077-117
Mehr Informationen
Dokumente
Fluglärmreport 2020
 
Fluglärmreport 2015
Mit dem Fluglärmreport 2015 stellt der BDL die zentralen Daten und Fakten zum Thema zusammen und erläutert Strategien und Maßnahmen, die zu einer Verringerung der Lärmbelastung führen.