Für den Klimaschutz im Luftverkehr gibt es bereits erfolgreich umgesetzte Klimaschutzinstrumente: Flüge innerhalb Europas und Deutschlands sind seit 2012 in den Emissionshandel einbezogen. Seitdem wächst der europäische Luftverkehr CO₂-neutral. Das heißt: Durch das Wachstum im Luftverkehr nimmt die CO₂-Belastung seit 2012 nicht mehr zu. Und für den darüber hinausgehenden weltweiten Luftverkehr wird ab 2020 mit dem Klimaschutzinstrument CORSIA ebenso sichergestellt, dass die gesamte Luftfahrt dann CO₂-neutral wächst.
Dennoch wird häufig gefordert, den Luftverkehr mit zusätzlichen Steuern wie etwa einer Kerosinsteuer oder einer CO₂-Steuer zu belasten, weil es angeblich ein Wettbewerbsnachteil für den Bahnverkehr sei, dass Kerosin im gewerblichen Luftverkehr nicht besteuert wird.
Die Nicht-Besteuerung von Kerosin hat aber Gründe: International verbindlich vereinbarte Regelungen verbieten es den nationalen Gesetzgebern, eine Kerosinsteuer auf internationale Flüge zu erheben. Stattdessen sehen diese Regelungen eine Finanzierung des internationalen Luftverkehrs über Gebühren und Entgelte im Rahmen der Nutzerfinanzierung vor.
Von der Erhebung einer Kerosinsteuer für den innerdeutschen Verkehr sieht der Gesetzgeber bewusst ab, weil eine im Alleingang erhobene Kerosinsteuer nur dazu führen würde, dass Passagiere auf ausländische Fluggesellschaften und deren Drehkreuzflughäfen ausweichen. Dies würde nicht zu einer CO₂-Reduktion sondern nur zu einer CO₂-Verschiebung führen. Das wäre klimapolitisch wie wirtschaftlich kontraproduktiv.
Der Steuerbefreiung in Höhe von jährlich 570 Mio. Euro stehen massive Ausgaben der Unternehmen an anderer Stelle gegenüber. Allein die deutsche Luftverkehrsteuer übertrifft dieses Volumen um mehr als das Doppelte. Hinzu kommen fast 6 Mrd. Euro, die Fluggesellschaften jährlich für die Nutzung der Flughafeninfrastruktur, die Flugsicherung und die Luftsicherheitskontrollen zahlen sowie die Kosten für die Emissionshandelszertifikate und für den Schallschutz im Flughafenumland.
Luftverkehr und Bahnverkehr funktionieren unterschiedlich. Zum einen sind mehr als 90 Prozent des Luftverkehrs grenzüberschreitend, während dieser Anteil im Fernverkehr der Bahn nur etwa 1 Prozent beträgt. Zum anderen herrscht im Luftverkehr intensiver Wettbewerb, und dieser findet vor allem innerhalb des Systems Luftverkehr statt, nicht etwa zwischen dem Flugzeug und der Bahn. Aus diesen Gründen hat der Gesetzgeber für den Luftverkehr bewusst eine andere Finanzierung gewählt als für den Bahnverkehr.
Wollte man den internationalen Luftverkehr über eine Steuer finanzieren, dann müsste dies auf internationaler Ebene erfolgen. Doch die Steuerpolitik liegt in der originären Zuständigkeit der Nationalstaaten, und diese lassen sich auch nicht in diese Kompetenz hineinreden. Eine Vielzahl von unterschiedlichen nationalen Einzelsteuern wäre aber im Luftverkehr kontraproduktiv, weil dies den internationalen Wettbewerb stark verzerren würde. Dadurch würden keine CO₂-Emissionen reduziert werden, sondern lediglich Verkehr verschoben.
Daher hat sich die Staatengemeinschaft unter dem Dach der UN-Luftfahrtorganisation ICAO schon vor Jahrzehnten darauf geeinigt, dass der Luftverkehr seine Infrastrukturkosten nicht über Steuern finanzieren soll, sondern über eine Nutzerfinanzierung bei Flughäfen und Flugsicherung. Dies ist zwischen den Staaten völkerrechtlich verbindlich so vereinbart.
Die Nutzerfinanzierung ist seit Jahrzehnten erfolgreich umgesetzt: Die Fluggesellschaften begleichen über Flughafenentgelte, Gebühren für die Flugsicherung und Gebühren für die Passagier- und Gepäckkontrollen die Kosten für Bau und Betrieb der Infrastruktur selbst. Allein im Jahr 2019 zahlen sie dafür rund 5.980 Millionen Euro.
Während der Luftverkehr nutzerfinanziert ist, wird die Infrastruktur im Schienenverkehr in erster Linie vom Steuerzahler bezahlt. Obwohl auch Bahnunternehmen Trassenentgelte zahlen, reichen diese bei weitem nicht aus, um die Kosten für Bau und Erhalt der Infrastruktur zu decken.
Zu den Ausgaben des Bundes für die Schieneninfrastruktur kommen noch weitere Ausgaben: etwa die Regionalisierungsmittel für den Schienenpersonennahverkehr und die Lärmsanierung an Schienen. Insgesamt summieren sich die Zuschüsse zum Bahnverkehr auf rund 20 Mrd. Euro pro Jahr.
Die Bahn zahlt zwar Strom- und Mineralölsteuer, doch das Aufkommen daraus ist nur halb so groß wie das Aufkommen aus der Luftverkehrsteuer. Von einer Nutzerfinanzierung analog zum Luftverkehr – und auch von einer Bevorzugung des Luftverkehrs – kann also keine Rede sein.
Luftverkehr ist gegenwärtig für 2,8 Prozent der globalen und für 0,3 Prozent der innerdeutschen CO₂-Emissionen verantwortlich. Daher ist die Frage berechtigt, wie Luftverkehr nachhaltig organisiert werden kann. Zusätzliche Steuern sind dafür aber kein geeignetes Instrument.
Würde man im nationalen oder europäischen Alleingang neue Steuern einführen, hätte dies lediglich zur Folge, dass Verkehre verlagert werden. Das gilt insbesondere für den Umsteigeverkehr zu internationalen Flugzielen. Viele Passagiere würden dann nicht mehr mit deutschen Fluggesellschaften über deutsche Drehkreuzflughäfen fliegen, sondern billigere Verbindungen mit ausländischen Unternehmen buchen. CO₂-Emissionen würden dadurch nur verschoben, nicht aber reduziert.
Die Klimaschutzstrategie der Luftfahrt setzt daher stattdessen auf Innovation und marktbasierte Instrumente:
Solange noch kein emissionsfreier Flugverkehr möglich ist, geht es darum, die Emissionen an anderer Stelle zu kompensieren. Damit ist dem Klima mehr geholfen als mit neuen zusätzlichen Steuern, die lediglich Verkehr verlagern.
Stand: Mai 2019