Wie können Flugzeuge CO2-neutral fliegen?

Gegenwärtig ist der Luftverkehr für 2,8 Prozent aller CO2-Emissionen weltweit verantwortlich. Die Luftfahrt verfolgt das Ziel, langfristig komplett CO2-neutral zu fliegen. Dieses ist schwieriger zu erreichen als in anderen Wirtschaftsbereichen. Das liegt an langen Entwicklungszeiten bei Flugzeugen, daran dass alternative Technologien wie elektrisches Fliegen nicht oder nur in weiter Zukunft verfügbar sein werden und an der weltweit weiter wachsenden Nachfrage nach Luftverkehr.

Ein wichtiger Hebel zur Begrenzung der CO2-Emissionen ist der Ersatz von älteren Flugzeugen durch neue energieeffizientere Flugzeuge, die rund 25 Prozent weniger Kerosin verbrauchen. Auf diesem Weg konnten die CO2-Emissionen pro Passagier seit 1990 um 44 Prozent gesenkt werden.

Die Reduktion von CO2-Emissionen durch die Flottenmodernisierung wird ergänzt durch international abgestimmte Instrumente der CO2-Bepreisung, die einen klaren Begrenzungs- und Reduktionspfad für CO2-Emissionen definieren: Das ist für innereuropäische und innerdeutsche Flüge die Einbeziehung des Luftverkehrs in den Europäischen Emissionshandel und für internationale Flüge das CO2-Bepreisungsinstrument CORSIA.

Das langfristige Ziel, die CO2-Emissionen der Luftfahrt auf null zu senken, ist aber nur erreichbar, wenn das fossile Kerosin durch regenerative Kraftstoffe ersetzt wird. Hierfür gibt es mehrere Ansätze. Der auch ökologisch beste Weg ist ein strombasierter Kraftstoff,der im sogenannten „Power-to-Liquid“- Verfahren gewonnen wird.

Das funktioniert wie folgt: Aus regenerativ erzeugtem Strom, Wasser und CO2 wird ein synthetischer Kraftstoff gewonnen. Während der Herstellung wird der Atmosphäre CO2 entzogen, mit Wasserstoff zu einem synthetischen Rohöl verbunden und dann zu Kerosin weiterverarbeitet. Fliegt ein Flugzeug dann mit diesem Kraftstoff, emittiert es dieselbe Menge CO2 in die Atmosphäre und bewegt sich somit unter dem Strich CO2-neutral.

Der entstehende Kraftstoff ist austausch- und mischbar mit konventionellem Kerosin, kann also unter Wahrung aller Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen eingesetzt werden. Der Einsatz dieser Kraftstoffe bedarf keiner Änderungen am Flugzeug, an den Turbinen oder der Infrastruktur zur Betankung.

Die Verwendung von alternativen Kraftstoffen im regulären Flugbetrieb lässt sich nicht von heute auf morgen realisieren, da diese im Augenblick nur in geringen Mengen zur Verfügung stehen und noch zu teuer sind.

Doch die Technologie für die Produktion und den Einsatz von synthetischen Kraftstoffen ist erprobt und funktioniert. Die Frage, ob und wann solche Kraftstoffe eingesetzt werden können, ist also im Wesentlichen keine der technischen Machbarkeit, sondern eine des energiepolitischen Rahmens.

Voraussetzung: Aufbau von Produktionsanlagen

Bislang sind synthetische Kraftstoffe aus erneuerbarer Energie nicht in relevanten Mengen erhältlich, sondern werden vorwiegend in Kleinstmengen im Rahmen von Forschungsprojekten hergestellt. Der wichtigste Ansatzpunkt ist es daher, industrielle Anlagen zur Herstellung von Power-to-Liquid- Kraftstoff zu errichten, damit dieser in nennenswerter Menge produziert werden kann.

Dabei ist die deutsche Luftverkehrswirtschaft bereit, sich auch finanziell bei entsprechenden Pilotprojekten zu beteiligen und engagiert sich auch in der Global Alliance Power Fuel, einem Zusammenschluss u.a. von Energiewirtschaft, Anlagenbauern, Luftfahrt und Automobilindustrie.

Darüber hinaus schlägt die Luftfahrt vor, dass die Bundesregierung die Einnahmen aus der Luftverkehrsteuer künftig zugunsten der Produktion und der Markteinführung regenerativer Kraftstoffe verwendet. Derzeit nimmt der Staat pro Jahr rund 1,2 Mrd. Euro Luftverkehrsteuer ein, ohne dass das Steueraufkommen gezielt für klimapolitische Zwecke im Luftverkehr eingesetzt wird.

Voraussetzung: Sicherstellung von wettbewerbsfähigen Preisen

Bislang kosten synthetische Kraftstoffe ein Vielfaches mehr als herkömmliches Kerosin. Während der Marktpreis für fossiles Kerosin bei 0,45 Euro pro Liter liegt, würde Power-to-Liquid-Kraftstoff unter heutigen Bedingungen im Durchschnitt 2,40 Euro kosten, also das Fünffache.

Die Festschreibung einer verbindlichen Quote für die Beimischung von synthetischen Kraftstoffen wäre auf globaler Ebene ein gangbarer Weg, da sie dann alle Fluggesellschaften in gleicher Weise treffen würde. Jeder Versuch, eine solche Quote in nationalen Alleingängen festzulegen, würde den Wettbewerb im Luftverkehr hingegen stark verzerren.

Schon heute machen die Kosten für Kraftstoff rund ein Viertel der Betriebskosten einer Fluggesellschaft aus. Würde rein national festgelegt werden, dass deutsche Fluggesellschaften zu 10 Prozent Power-to-Liquid-Kraftstoff beimischen müssen, dann würden sich die Betriebskosten solcher Unternehmen, die Ihren Hauptflugbetrieb in Deutschland haben, auf einen Schlag um 11 Prozent erhöhen, da jeder Flug dieser Regelung unterliegen würde. Bei einer 50-prozentigen Quote würden sich die Betriebskosten sogar um 55 Prozent erhöhen.

Die Effekte auf Fluggesellschaften, die ihren Hauptflugbetrieb im Ausland haben, wären hingegen marginal. Selbst wenn die Quote so ausgestaltet wäre, dass ausländische Unternehmen zumindest für den Verkehr mit Deutschland entsprechend beimischen müssten, hätte es nur minimale Auswirkungen auf ihre Betriebskosten. Dermaßen ungleiche Kosten könnten die deutschen Fluggesellschaften nicht über höhere Preise an die Kunden weitergeben, hätten also einen deutlichen Wettbewerbsnachteil.

Internationale Roadmap erforderlich

In jedem Fall bedarf es einer international abgestimmten Roadmap, die sicherstellt, dass Anlagen gebaut werden und der Kraftstoff zu marktfähigen Preisen abgenommen wird. Eventuelle Quotenregelungen sollten allenfalls global festgelegt werden (analog zum international abgestimmten CO2-Bepreisungsinstrument CORSIA). Neben der UN-Luftfahrtorganisation ICAO, die die globalen Rahmenbedingungen setzen muss, sollten auch die EU und ihre Mitgliedstaaten eine gemeinsame industriepolitische Initiative zur Markteinführung von Power-to-Liquid-Kraftstoffen auf den Weg bringen. In Deutschland haben sich Bund, Länder, Luftfahrt und Gewerkschaften im „Leipziger Statement“ auf die Entwicklung einer gemeinsamen Roadmap verständigt.

Stand: September 2019

Ansprechpersonen

Wolf-Dietrich Kindt
Leiter Klima- und Umweltschutz
wolf.kindt@bdl.aero
+49 30 520077-140
Julia Fohmann-Gerber
Pressesprecherin
julia.fohmann@bdl.aero
+49 30 520077-116
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Dokumente
Luftfahrt aktuell 5 | 2019: Wie können Flugzeuge CO2-neutral fliegen?
Durch den Einsatz von energieeffizienten Flugzeugen hat die Luftfahrt den Kraftstoffverbrauch und damit auch den CO2-Ausstoß pro Flug deutlich gesenkt. Vor dem Hintergrund der weltweit steigenden Nachfrage nach Luftverkehr stellt sich aber die Frage, wie die Luftfahrt nicht nur den Anstieg der Emissionen bremsen, sondern diese tatsächlich auch reduzieren kann – bis hin zum CO2-freien Fliegen. Welchen Beitrag können synthetische Kraftstoffe hierzu leisten und was können Luftfahrt und Politik tun?
Luftfahrt aktuell 5 | 2019: How can aircraft fly carbon-neutral?