Der internationale Luftverkehr hat an den weltweiten CO2-Emissionen einen Anteil von 3,1 Prozent, der inländische Luftverkehr an den gesamten CO2-Emissionen in Deutschland einen Anteil von 0,3 Prozent. Die mit Abstand größten Hebel für den Klimaschutz im Luftverkehr sind der Austausch älterer Flugzeuge durch energieeffizientere und der Ersatz des fossilen Kerosins durch nachhaltigen Kraftstoff. Damit lässt sich das CO2-neutrale Fliegen erreichen – aber bis dahin braucht es Zeit. Und deswegen ist der dritte große Hebel die CO2-Bepreisung des Luftverkehrs durch die Einbeziehung in den Emissionshandel (in der EU bereits seit 2012).
Mit dem Gesetzespaket Fit for 55 möchte die EU weitere Fortschritte auf dem Weg zum CO2-neutralen Fliegen erreichen und die CO2-Emissionen bis 2050 signifikant senken. Für den Luftverkehr schlägt sie insbesondere folgendes vor:
Ohne Anpassungen bergen die Gesetzesvorschläge die große Gefahr von „Carbon Leakage“ und massiver Verkehrsverlagerung zulasten europäischer Fluggesellschaften und Flughäfen: Aufgrund von wettbewerbsverzerrenden Wirkungen der Gesetze werden erhebliche Verkehrsströme zu Nicht-EU-Hubs verlagert und damit CO2-Emssionen gar nicht gesenkt, sondern lediglich in andere Weltregionen verschoben.
Kraftstoff macht rund ein Drittel der Gesamtkosten eines Fluges aus. Eine verpflichtende Beimischungsquote von SAF, die um ein Vielfaches teurer sind als fossiles Kerosin, führt daher zwingend zu höheren Flugpreisen. Auf Flugreisen von der EU zu internationalen Flugzielen außerhalb der EU können Fluggäste zwischen zahlreichen EU-Fluggesellschaften und Nicht-EU-Fluggesellschaften wählen. Auf einer Reise beispielsweise nach Hongkong führen EU-Fluggesellschaften ihre Passagiere über ihre Drehkreuzflughäfen innerhalb der EU (z.B. Lufthansa über Frankfurt oder München). Hingegen bringen Nicht-EU-Fluggesellschaften ihre Fluggäste aus der EU über ihre heimischen Drehkreuze außerhalb der EU (z.B. Turkish Airlines über Istanbul, Emirates über Dubai etc.) nach Asien oder Afrika.
Die verpflichtende Beimischungsquote von SAF besteht aber nur für Flüge ab Flughäfen in der EU. Drehkreuze außerhalb der EU sind nicht von der SAF-Quote betroffen. Dadurch werden Nicht-EU-Fluggesellschaften, wenn die EU-Gesetzesvorschläge nicht geändert werden, entsprechend günstigere Tickets anbieten können als ihre europäischen Wettbewerber. Damit würde Fit for 55 zu einem Förderprogramm von Nicht-EU-Airlines und Nicht-EU-Drehkreuzen – zu Lasten der europäischen Unternehmen.
Und letztlich würden durch diese Wettbewerbsverzerrungen keine CO2-Emissionen eingespart, sondern lediglich in andere Regionen der Welt verlagert. Von diesem Carbon-Leakage-Risiko wären nach vorliegendem Gutachten* pro Jahr über 550.000 Flüge bzw. 96 Prozent der jährlichen Reisen zwischen der EU und Asien, Afrika und Ozeanien betroffen. Damit wäre das Vorhaben der EU klimapolitisch kontraproduktiv.
Um das Gesetzespaket Fit for 55 zu einem klimapolitischen Erfolg zu machen, müssen die Beimischungsquote von SAF und die Verschärfung des Emissionshandels wettbewerbsneutral
gestaltet werden. Damit ließen sich Carbon Leakage und die Diskriminierung der europäischen Fluggesellschaften und Luftverkehrsdrehkreuze vermeiden. Mehrere alternative Möglichkeiten
stehen zur Verfügung:
Stand: August 2022