Gemeinsame Erklärung zur Nationalen Luftfahrtkonferenz 2021

Quelle: Flughafen Berlin Brandenburg GmbH/Oliver Lang

I. Für eine nachhaltige Wiederbelebung der Luftfahrt

Der pandemiebedingte Einbruch des weltweiten Passagierluftverkehrs hat Politik und Unternehmen der Luftverkehrswirtschaft und der Luftfahrtindustrie vor große Herausforderungen gestellt. In der Überzeugung, dass die Herausforderungen dieser Krise nur gemeinsam zu bewältigen sind, haben Bundesregierung, Bundesländer und die wirtschaftlichen Akteure mit umfassenden Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen sowie mit weitreichenden Sicherungsmaßnahmen der Unternehmen und erheblichen Beiträgen der Beschäftigten selbst die wirtschaftlichen Strukturen und wichtiges Knowhow der Luftfahrtbranche gesichert:

  • Mit flexiblen Regelungen zur Kurzarbeit konnten viele Arbeitsplätze erhalten werden;
  • mit Mitteln aus Wirtschaftsstabilisierungsfonds und KfW-Krediten wurden Unternehmen dauerhaft gesichert;
  • mit zusätzlichen Mitteln für Forschung- und Entwicklung wurde sichergestellt, dass zentrale Innovationsprojekte in den Unternehmen nicht der Krise zum Opfer fallen;
  • mit einem Ausgleich von pandemiebedingten Vorhaltekosten unterstützen wir die Aufrechterhaltung deutscher Flughafen-Infrastruktur;
  • mit dem Ausgleich von Einnahmeausfällen der bundeseigenen DFS Deutsche Flugsicherung GmbH gewährleisten wir die Aufrechterhaltung einer leistungsfähigen Flugsicherung.

Jetzt steht der Luftverkehr an der Schwelle zu einer schrittweisen Rückkehr. Aber nach rund  15 Monaten des nahezu völligen Stillstands leidet das deutsche Luftverkehrssystem unter massiven wirtschaftlichen Verlusten. Deswegen sind weitere Entscheidungen und Maßnahmen erforderlich, um die Wiederbelebung des Luftverkehrs zu unterstützen:

  • Reisebeschränkungen werden im Lichte des Infektionsgeschehens festgelegt und wo möglich schrittweise und risikobasiert aufgehoben. Insbesondere begrüßen wir die Ratsempfehlungen zur Aufhebung von Einreisebeschränkungen aus Drittstaaten für vollständig Geimpfte.[1]
  • Pandemiebedingt haben wir zahlreiche zusätzliche Vorsichts- und Hygienemaßnahmen festgelegt. Diese Maßnahmen sind vor dem Hintergrund des Infektionsgeschehens zu prüfen und – soweit vertretbar –   schrittweise zurückzunehmen.
  • Zur Vereinfachung des Reiseverkehrs werden in enger Zusammenarbeit von Behörden und Unternehmen schnellstmöglich digitale Lösungen für den Nachweis von Impfung, Genesung und Testergebnissen implementiert. Eine nationale Umsetzung erfolgt schrittweise bis Ende Juni 2021. Damit wird ermöglicht, dass die Prozesse an den Flughäfen durch die Nachweispflicht der Passagiere nicht unnötig verlangsamt und die Vorteile einer digitalen Lösung an den vielen Schnittstellen zu den Systemen der Luftverkehrsunternehmen, Behörden und internationalen Plattformen voll ausgeschöpft werden.
  • Bei der Finanzierung der Flugsicherung ist dafür Sorge zu tragen, dass der Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems Luftverkehr und insbesondere den pandemiebedingten wirtschaftlichen Belastungen der Luftverkehrsunternehmen Rechnung getragen wird.

[1]Empfehlung des Rates zur Änderung der Empfehlung (EU) 2020/912 des Rates zur vorübergehenden Beschränkung nicht unbedingt notwendiger Reisen in die EU und die mögliche Aufhebung dieser Beschränkung (Einreisen aus Drittstaaten); angenommen am 20.5.2021.

Mit dem Wiedererstarken des Luftverkehrs verbessert sich schrittweise auch die Situation für die Luftfahrtindustrie. Mit viel unternehmerischer Flexibilität und Initiative hat die Branche in Zeiten deutlich reduzierter Produktionsraten eine beeindruckende Resilienz bewiesen.

Der Luftverkehr garantiert auch weiterhin das internationale Agieren unserer global vernetzten Volkswirtschaft. Als Wirtschaftsfaktor sichern Luftverkehr und Luftfahrtindustrie direkt und indirekt für etwa 850.000 Beschäftigte Einkommen und Beschäftigung mit einer jährlichen Wertschöpfung von über 60 Mrd. Euro.

Den Bürgern wird durch den Luftverkehr die Teilnahme an internationaler Mobilität ermöglicht, was nicht zuletzt einen wesentlichen Aspekt der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben darstellt.

Die Luftfahrt ist zudem zentraler Treiber für technologischen Fortschritt und ein wichtiger Innovationstreiber auch für andere Sektoren, zum Beispiel bei den Themen Leichtbau, Künstliche Intelligenz, Industrie 4.0.

Quelle: Flughafen Berlin Brandenburg GmbH/Oliver Lang

II. Maßnahmen für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz

Mit der schrittweisen Wiederbelebung wird der Luftverkehr seine Rolle als systemrelevanter Verkehrsträger der globalen Mobilität wieder aufnehmen. Damit der zunehmende Verkehr sich entsprechend den Anforderungen an eine nachhaltige Mobilität entwickeln kann, ist es unser Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der Luftfahrtindustrie und der Luftverkehrsunternehmen zu sichern und gleichzeitig den Luftverkehr noch stärker in Einklang mit dem Klimaschutz zu bringen. Für den Luftfahrtstandort Deutschland bietet sich damit die Chance, sich nachhaltig aufzustellen, innovatives Potential im globalen Maßstab zu nutzen und Fortschrittstreiber zu sein.

Im Rahmen der Nationalen Luftfahrtkonferenz im Jahr 2019 in Leipzig wurden bereits wichtige Handlungsfelder definiert, gemeinsame Verabredungen getroffen und schrittweise vorangetrieben:

  • Der Ausbau der Förderung der Entwicklung neuer Antriebsformen sowie weiterer umwelt- schonender Flugzeugtechnologien durch die Bundesregierung im Rahmen des BMWi-Luftfahrtforschungsprogramms LuFo, insbesondere hinsichtlich emissionsärmerer, energieeffizienterer und leiserer Flugzeuge und Flugverfahren.
  • Die Absicht, angesichts der hohen Anforderungen der Luftfahrt an Gewichtsreduktion, Präzision und Belastbarkeit, die Digitalisierung der industriellen Prozesse, den Leichtbau gepaart mit neuen Designprinzipien (Bionisches Design) als wesentliches Kompetenzfeld des Luftfahrtstandorts Deutschland zu etablieren.
  • Die Vorbereitung nötiger Technologien für elektrisches und hybrid-elektrisches Fliegen, um rechtzeitig für die nächste Generation von Kurz- und Mittelstreckenflugzeugen verfügbar zu sein.
  • Das Einvernehmen, mit wettbewerbsneutralen Maßnahmen den Markthochlauf von Power-to-Liquid (PtL)-Flugkraftstoffen zu fördern.
  • Das Engagement der Bundesregierung, sich für die Weiterentwicklung eines regulativen Rahmens für den Einheitlichen Europäischen Luftraum einzusetzen, um eine klima- und kapazitätsoptimierte Flugführung zu ermöglichen.
  • Die gemeinsame Unterstützung des europäischen Emissionshandels als marktgerechtes Instrument zur Reduktion der CO2-Emissionen und die Unterstützung von CORSIA (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation) als Klimaschutzinstrument für die CO2-Bepreisung im internationalen Luftverkehr.

Bei diesen Handlungsfeldern wollen wir weitere Fortschritte erzielen und haben im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel folgende Maßnahmen miteinander vereinbart:

  1. Innovative Technologien und Ökoeffizienz für die Zukunft der Luftfahrt weiter voranbringen

Die deutsche Luftfahrtindustrie fokussiert ihre Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten auf die Vorbereitung einer neuen Generation von zivilen Verkehrsflugzeugen. Diese Flugzeuge, in Verbindung mit erneuerbaren und damit nachhaltigen Energieträgern, ermöglichen klimaneutrales Fliegen. Dies umfasst die gesamte Wertschöpfungskette von der Entwicklung der Produkte über die Produktion beginnend mit der Materialentstehung bis zum Recycling. Hier wird weitere Digitalisierung der Schlüssel sein. Er hilft Ressourcen gezielter und effizienter zu allokieren und in einem global umkämpften Markt wettbewerbsfähig zu bleiben.

Wir begrüßen, dass sich die Branche mit dem europäischen Strategiedokument Flightpath 2050 bereits im Jahr 2011 ambitionierte Klimaschutzziele gesetzt hat und unterstützen den laufenden Prozess der Aktualisierung und Überarbeitung dieses zentralen Dokuments.

Mit dem BMWi-Luftfahrtforschungsprogramm LuFo unterstützen wir die Unternehmen der Branche, die technologischen Herausforderungen aktiv anzugehen. Schon heute haben 70% aller in LuFo geförderten Projekte einen direkten oder indirekten Umwelt- und Klimabezug. Diesen Anteil wollen wir – nicht zuletzt durch die Aufstockung der LuFo-Förderlinie „hybrid-elektrisches Fliegen“ – weiter signifikant erhöhen. Gleichzeitig prüfen wir gemeinsam mit den Unternehmen der Branche, inwieweit die bestehenden Förderinstrumente fortentwickelt werden können – z.B. durch ein Demonstratorprogramm, um die Entwicklung von Technologien für die nächste Flugzeuggeneration gezielt zu ermöglichen und das Fundament für künftige Produktion zu legen.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) verfolgt in seiner Luftfahrtforschung einen ganzheitlichen Systemansatz und erhöht die Innovationsgeschwindigkeit und damit die schnellere Marktverfügbarkeit neuer Technologien. Das DLR verfügt über die entsprechend benötigten Infrastrukturen um die Voraussetzung für die Gestaltung einer emissionsfreien Luftfahrt der Zukunft voranzutreiben.

Neben den anderen Partnern der Luftverkehrswirtschaft muss auch die Flugsicherung ihren Beitrag dazu leisten, Schadstoffemissionen des Luftverkehrs zu reduzieren. Die Flugsicherung kann Emissionen durch eine klimaoptimierte Streckenführung reduzieren. Die Umsetzung der Erkenntnisse aus den laufenden Forschungsarbeiten zur Vermeidung von Gebieten in der Atmosphäre mit hoher Sensitivität für Kondensstreifenbildung soll dabei ausdrücklich berücksichtigt werden. Die Flugsicherung muss deutlich weiter automatisiert und international harmonisiert werden, als dies bisher erreicht wurde.“

Ein wesentliches Instrument zum Klimaschutz im Luftverkehr ist die schnelle und kontinuierliche Erneuerung der Flugzeugflotten. Eine neue Generation an Verkehrsflugzeugen emittiert bis zu 25 Prozent weniger CO2 als die Vorgängergeneration. Mit dem Einbruch des Luftverkehrs ist aber auch die Flottenerneuerung weitgehend zum Erliegen gekommen. Deswegen hat der Bund ein Förderprogramm angestoßen, um einen wirtschaftlichen Anreiz für die Flottenerneuerung zu geben. Wir setzen uns weiter für eine schnelle beihilferechtliche Genehmigung des Programms noch in dieser Legislaturperiode ein.

  1. Power-to-Liquid (PtL) als Meilenstein auf dem Weg zum CO2-neutralen Fliegen

Der Luftverkehr soll bis 2050 CO2 neutral werden. Um das Ziel des CO2-neutralen Fliegens zu erreichen, kommt nach derzeitiger Einschätzung dem Ersatz des fossilen Kerosins durch nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF) eine Schlüsselrolle zu. Damit die Luftfahrt ihr 2050-Ziel erreichen kann, braucht es zeitnah einen Markthochlauf von aus erneuerbaren Quellen gewonnenem Power-to-Liquid (PtL)-Kerosin. Hierauf haben wir uns in der im Mai 2021 gemeinsam von Bund, Ländern, Energiewirtschaft, Anlagenbauern, Luftfahrtindustrie und Luftverkehrswirtschaft in einer veröffentlichten PtL-Roadmap für den Luftverkehr verständigt. Diese Roadmap zeigt Wege und Maßnahmen auf, wie Produktion und Einsatz von PtL-Kerosin zu marktfähigen Preisen angereizt werden kann, um bis 2050 ein CO2-neutrales und nachhaltiges Fliegen zu ermöglichen. Jedoch sind auch SAF aus biogenen Abfall- und Reststoffen notwendig, bis ausreichende Produktionskapazitäten für PtL-Kerosin existieren.

Zur Umsetzung der europäischen Erneuerbaren Energien-Richtlinie II haben wir dynamisch steigende Mindestquoten für PtL für den Luftverkehr in Höhe von 0,5 % (ab 2026), 1 % (ab 2028) und 2 % (ab 2030) auf das in Deutschland verkaufte Kerosin vereinbart. Unser Ziel ist es, die Beimischung auch von strombasierten Kraftstoffen im Luftverkehr zu ermöglichen, deren Produktion anfänglich zu fördern und somit schneller zur Kostenreduktion bei der Herstellung beizutragen. Dazu werden wir auf Grundlage unserer gemeinsamen PtL-Roadmap einen möglichst wettbewerbsneutralen Markthochlauf von PtL-Kerosin durch Förderungen und Initiativen auf nationaler und internationaler Ebene unterstützen. Zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 sowie der Nationalen Wasserstoffstrategie stehen dem BMVI für den Zeitraum 2021 bis 2024 ca. 1,54 Mrd. Euro zur Kraftstoff-Förderung zur Verfügung. Weitere 1,94 Mrd. Euro stehen als Verpflichtungsermächtigungen bis 2036 bereit. Diese Förderung ist ein Beitrag, um beim Markthochlauf von nachhaltigen Kraftstoffen Wettbewerbsverzerrungen und in der Folge Verkehrs- und reine Emissionsverlagerungen (Carbon Leakage) zugunsten außereuropäischer Umsteigeflughäfen zu vermeiden.

Wir  fördern PtL-Kerosin daher mit Mitteln aus dem Klimaschutzprogramm 2030 und der Nationalen Wasserstoffstrategie. Neben Fördermaßnahmen zum Markthochlauf dieser Kraftstoffe soll eine PtL-Entwicklungsplattform als Bindeglied dienen, um im semi-industriellen Maßstab die gesamten Prozesskette von der Kohlenstoff- und Wasserstoff-Quelle bis zum fertigen, normgerechten PtL-Kraftstoff zu demonstrieren. Ein Förderaufruf zum Bau und Betrieb dieser PtL-Anlage wird noch in dieser Legislaturperiode veröffentlicht. Dadurch kann ein wichtiger Beitrag geleistet werden, dass Deutschland zum Leitanbieter und Leitmarkt für strombasierte Kraftstoffe wird. Die Chance, hier die weltweiten Standards zu setzen und eine Technologieexpertise aufbauen zu können, sollten wir als Industrienation nutzen.

  1. Alternative Antriebe – hybrid-elektrisches Fliegen

Um das volle Potenzial für den Einsatz von Wasserstoff in der Luftfahrt zu heben, bleibt die Arbeit an alternativen Antrieben eine zentrale Zukunftsaufgabe. Wir begrüßen, dass die Luftfahrtindustrie mit dem ambitionierten Ziel, bis 2035 ein wasserstoffbasiertes Flugzeugkonzept zur Marktreife zu bringen, eine konkrete industrielle Perspektive aufzeigt. Der Luftfahrtstandort Deutschland hat eine gute Ausgangsposition, um die hierfür notwendigen Technologien wie Tanksysteme für Wasserstoff oder Brennstoffzellen entscheidend voranzutreiben. Dies sichert Wertschöpfung und Arbeitsplätze und schafft Perspektiven für ein kommendes, neues Flugzeugprogramm.

Wir  arbeiten weiter konsequent auf das Ziel hin, die wesentlichen Technologiebausteine für das Zero-Emission-Flugzeug der Zukunft in Deutschland zu entwickeln und bis 2030 zu demonstrieren. Notwendig sind jedoch erhebliche Investitionen in Forschung und Entwicklung. Seit 2019 verfügt das BMWi-Luftfahrtforschungsprogramm LuFo über eine eigene Förderlinie für alternative und hybrid-elektrischer Antriebe, die wir aus Mitteln der Nationalen Wasserstoffstrategie nochmals aufgestockt haben. Die Einrichtung des vom Nationalen Wasserstoffrat vorgeschlagenen Demonstratorprogramms einschließlich einer Pilotteststrecke in Deutschland werden wir eingehend prüfen.

Für Wasserstoff muss nicht nur die Produktion gesichert werden, sondern es muss ein ganzes Ökosystem von der kosteneffizienten industriellen Produktion von (grünem) Wasserstoff auf Basis von regenerativen Energien über Lagerung, Transport bis zu Wasserstoff-Hubs an Flughäfen entwickelt und aufgebaut werden.

Neben den nationalen Forschungsprogrammen spielt die europäische Luftfahrtforschung eine entscheidende Rolle als Enabler für das Zero-Emission-Airplane. Dies gilt insbesondere mit Blick auf großvolumige, integrierte und marktnahe Demonstrationsvorhaben. Wir begrüßen, dass die EU mit dem 9. Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe und der zukünftigen Luftfahrtpartnerschaft Clean Aviation in der Nachfolge von Clean Sky 2 auch weiterhin Verantwortung übernimmt. Wir werden uns weiter aktiv in den laufenden Verhandlungen engagieren, um ein attraktives Angebot und eine angemessene Vertretung der deutschen Industrie bei der programmatischen Steuerung der Partnerschaft sicherzustellen.

  1. Wettbewerbsneutrale CO2-Bepreisung ermöglichen

Um die Klimaziele des Pariser Abkommens erreichen zu können, sind darüber hinaus marktbasierte Maßnahmen der CO2-Bepreisung ein wichtiges Element zur effizienten Allokation der Emissionsrechte im Rahmen des begrenzten Emissionsbudgets. Der Luftverkehr innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums ist seit 2012 in den Europäischen Emissionshandel (EU-ETS) eingebunden.

Wir unterstützen eine wettbewerbsneutrale Weiterentwicklung des Emissionshandels im Rahmen des europäischen „Green Deal“, die einen Schutz vor Carbon Leakage und Wettbewerbsverzerrungen sicherstellt. Wir setzen uns für eine vollständige Implementierung des globalen CO2-Kompensations- und Reduktionsinstruments CORSIA (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation) für den internationalen Luftverkehr und für eine wettbewerbsneutrale Koexistenz mit dem EU-ETS ein.

Wettbewerbsverzerrungen allein zu Lasten der deutschen oder europäischen Fluggesellschaften und der Luftverkehrsdrehkreuze in Deutschland und Europa sowie eine Doppelbelastung für dieselben Emissionen wollen wir vermeiden.

Um zu vermeiden, dass Flugreisen nur aufgrund extremer Billigstpreise angetreten werden, werden wir uns für eine EU-Regulierung einsetzen, die Dumpingpreise bei Flugtickets verhindert, indem diese nicht zu einem Preis unterhalb der anwendbaren Steuern, Zuschläge, Entgelte und Gebühren verkauft werden dürfen.

  1. Intermodalität stärken um Verkehr auf die Schiene zu verlagern – technologische Chancen für Zero-Emission-Fliegen auf kurzen Strecken ergreifen

Die Entwicklung des deutschen und europäischen Schienen-Hochgeschwindigkeitsnetzes hat es ermöglicht, dass bereits in der Vergangenheit viele Passagiere auf die Bahn umgestiegen sind – insbesondere bei Bahnstrecken mit einer Reisezeit von nicht wesentlich mehr als drei Stunden. Innerdeutsch wird im Wesentlichen nur noch auf langen Strecken geflogen, z. B. Berlin-Stuttgart oder Hamburg-München. Mit dem  Deutschlandtakt werden wir auf wichtigen Verbindungen wie Berlin – Düsseldorf – Köln mit weiteren Reisezeitverkürzungen diesen Weg konsequent weitergehen.

Darüber hinaus wird innerdeutsch zumeist nur noch da geflogen, wo Passagiere nicht zu einem Ziel innerhalb Deutschlands reisen, sondern umsteigen, um ein internationales Reiseziel zu erreichen.

Gerade die Kurzstrecke sowie der regionale Zubringerverkehr bergen die größten Potenziale, alternative Antriebstechnologien – insbesondere auf der Basis von Wasserstoff – zuerst in die Anwendung zu bringen. Hierzu gehört auch der Wachstumsmarkt Urban Air Mobility, in dem alle bekannten Marktpioniere derzeit auf vollelektrische oder hybrid-wasserstoffbasierte Antriebskonzepte setzen. Mit technologischer Innovation Made in Germany wollen wir hier in die Zero Emission-Zukunft investieren und entsprechende Lösungen schnellstmöglich demonstrieren – auch mit Blick auf die internationalen Absatzmärkte.

Wir begrüßen den zwischen Deutscher Bahn AG und dem Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft e.V. (BDL) vereinbarten Aktionsplan für Zusammenarbeit und mehr Klimaschutz, der u.a. ein wachsendes Angebot an direkten Zubringerzügen für den Umsteigeverkehr vorsieht und damit die Anschlusssicherheit verbessert und das Umsteigen zwischen Flug und Zug erleichtert.

Insbesondere Flughäfen mit guter Schienenanbindung können eine wichtige Rolle dabei spielen, bei den Reisenden die Akzeptanz für eine engere Verzahnung von Flugzeug und Schiene zu erhöhen. Für die Hauptstadtregion als eine der am stärksten frequentierten europäischen Destinationen kann der Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) durch eine stärkere Einbindung in das ICE-Streckennetz dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Die Möglichkeit zur Anbindung auch des Flughafens München an das Schienen-Fernverkehrsnetz wird mit entsprechenden Machbarkeitsstudien geprüft.

III. Urban Air Mobility und Flugtaxis als umweltfreundlichen Mobilitätsmix weiterentwickeln

Unbemannte Luftfahrtsysteme (UAS) und elektrische Senkrechtstarter (eVTOL) können als neue Verkehrsträger, z. B. Lufttaxis, durch eine automatisierte Beförderung von Gütern und Personen die Verkehrsströme innerhalb und außerhalb urbaner Gebiete nachhaltig entlasten. Wir wollen, dass Deutschland seine internationale Position im UAS-Bereich ausbaut und auch hier Leitmarkt – mit hohen Sicherheitsstandards – wird. UAS sind wichtige Bausteine für die Autonomisierung und Elektrifizierung der Luftfahrt.

Um das automatisierte und vernetzte Fliegen rasch in die Praxis zu bringen, arbeiten wir gemeinsam an der Formulierung der rechtlichen Rahmenbedingungen, der Integration des Betriebs in bestehende Luftraumstrukturen und dem Aufbau der erforderlichen Bodeninfrastruktur. Die Integration von automatisierten und vernetzten Verkehrsteilnehmern eröffnet dabei zugleich die Möglichkeit, die Regulierung des Luftraums mit innovativen Lösungen und benutzerfreundlichen Plattformen weiter zu digitalisieren.

Die breite gesellschaftliche Akzeptanz der Unbemannten Luftfahrt ist uns ein sehr wichtiges Anliegen, weshalb wir besonderes Augenmerk auf den Schutz personenbezogener Daten, die Privatsphäre und den Schutz der Umwelt legen.

Damit wir das innovative Potenzial des neuen Verkehrsträgers voll ausschöpfen können, werden wir die Forschung und Entwicklung unter anderem im Rahmen der europäischen Urban Air Mobility Initiative, des BMWi-Luftfahrtforschungsprogramms LuFo, des BMVI-Förderprogramms „Innovative Luftmobilität“, der Drohnentestfelder in Manching und in Cochstedt, des U-Space Reallabors in Hamburg sowie – mit Blick auf den internationalen Markt – im BMWi-Markterkundungsprogramm weiter vorantreiben.

Dem 2021 eröffneten Nationalen Erprobungszentrum für Unbemannte Luftfahrtsysteme des DLR am Flughafen Magdeburg-Cochstedt kommt dabei wichtige Bedeutung zu. Als zentrale Infrastruktur des Bundes steht es allen Unternehmen der Branche offen und ergänzen die bestehenden Testfelder und Erprobungsmöglichkeiten in den Ländern.

Mit der Einführung einer „Digitalen Plattform Drohnen“ sollen behördliche Prozesse rund um die unbemannte Luftfahrt verschlankt und digitalisiert werden. So können Betreiber an einer zentralen Stelle sicherheitsrelevante Informationen abrufen und Anträge stellen.

IV. Fairen Wettbewerb zur Sicherung der Beschäftigung ermöglichen

Den Luftfahrtstandort Deutschland und die Arbeitsplätze in der Luftfahrt wollen wir nachhaltig sichern und stärken. Wir wollen Vorreiter in Technologie und Forschung sein und ökologische Maßstäbe setzen. Arbeits-, Sozial- und Sicherheitsstandards dürfen nicht unterminiert werden. Die Unternehmen fördern die Beteiligung der Belegschaften, um Innovationspotenziale in allen Bereichen zu heben. Die Unternehmen geben ihren Beschäftigten Sicherheit im Wandel und Mitbestimmung in der Bewältigung der neuen Herausforderungen.

Sie sind ein hohes Gut und Basis für gute Arbeit, spürbare Qualität, hohe technische Kompetenz und Sicherheit im Luftverkehr, in der Luftfahrtindustrie und an den Flughäfen. Um diese auch künftig sicherstellen zu können, werden wir uns dafür einsetzen, dass ihre Anwendung durch alle in Deutschland ansässigen Unternehmen und für alle in Deutschland stationierten Mitarbeiter ausländischer Unternehmen erfolgt. Ihre Beachtung wird vom Gesetzgeber und den Behörden überwacht und durchgesetzt. Vor dem Hintergrund der COVID-19 Krise hat Deutschland daher unter seiner EU-Ratspräsidentschaft 2020 die Ministererklärung („The Social Agenda in Aviation – Towards Socially Responsible Connectivity“) überarbeitet.

Wir sorgen auch in der jetzigen Situation für die Einhaltung von Tarifverträgen und von geltenden Qualitäts-, Arbeits- und Sozialbedingungen sowie Sicherheitsvorschriften. Bei der öffentlichen Auftragsvergabe sowie der Förderung von Forschung und technologischer Entwicklung gilt es weiterhin darauf zu achten, dass diese auch der Sicherung von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen in Deutschland zugutekommt.

Wir sichern Ausbildungs- und Arbeitsplätze sowie Standorte in Deutschland. Unsere Zielsetzung ist eine starke und diversifizierte industrielle Basis, um weiterhin im Wettbewerb zu bestehen und an den internationalen Wertschöpfungsketten teilzuhaben; einer Verlagerung von Standorten in Billiglohnländer erteilen wir eine Absage. Die Unterstützung gerade des industriellen Luftfahrtmittelstandes hat für uns dabei eine hohe Priorität.

Die Sozialpartner werden die Aus- und Weiterbildung sowie die gezielte Personalentwicklung mit Blick auf neue Technologien und neue Materialien ausbauen und weiterentwickeln. Um Beschäftigten eine Perspektive durch geeignete Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote zu bieten, sind in betroffenen Branchen und Regionen Transformationscluster einzurichten.

Eine nachhaltige Weiterentwicklung des Luftverkehrs bietet neue Beschäftigungsmöglichkeiten, wobei Weiterqualifizierung Vorrang vor Personalabbau haben soll. Dabei ist es unerlässlich, dass neue Personalentwicklungskonzepte in enger Zusammenarbeit der Unternehmen mit den Betriebsräten, Personalvertretungen und den Gewerkschaften erstellt werden, wobei auch berufliche Entwicklungsperspektiven außerhalb des Luftverkehrs zu betrachten sind.

Zur Bewältigung des demografischen Wandels sind der Erhalt und die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Ausbildung notwendig. Nur so kann es gelingen den mittel- und längerfristig bestehenden Fachkräftebedarf im Luftverkehr zu sichern.

Die Unterzeichner/innen sind sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst und werden gemeinsam die Herausforderungen in den Bereichen Umwelt-, Lärm- und Klimaschutz, neue innovative Technologien und faire Wettbewerbsbedingungen angehen.

Quelle: Flughafen Berlin Brandenburg GmbH/Oliver Lang

Berlin, den 18. Juni 2021

Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur

Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie

Prof. Dr. Jörg Steinbach, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Lands Brandenburg

Peter Gerber, Präsident Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft e.V.

Dirk Hoke, Präsident Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie e.V.

Christine Behle, stellv. Vorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft – ver.di

Jürgen Kerner, Hauptkassierer und geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall

Quelle Titelbild: Flughafen Berlin Brandenburg GmbH/Oliver Lang

Gemeinsame Erklärung zur Nationalen Luftfahrtkonferenz 2021
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Gemeinsame Erklärung zur Nationalen Luftfahrtkonferenz 2021
Im Rahmen der 2. Nationalen Luftfahrtkonferenz am Flughafen Berlin Brandenburg diskutierten Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften über die künftigen Herausforderungen der Luftfahrtbranche.Di e Ergebnisse der Konferenz werden in dieser gemeinsamen Erklärung festgehalten.